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Forschung

Funktioniert das Heizen mit biogenem Pyrolyseöl?

Im Dezember 2019 haben die Partner des EU-Forschungsprojekts Residue2Heat (Reststoffe zu Wärme), darunter auch das Oel-Waerme-Institut, Aachen, die Ergebnisse ihrer Forschungs- und Entwicklungsarbeiten vorgestellt.

Das Projekt hatte zum Ziel, für die häusliche Wärmeproduktion unterschiedliche Ströme von Biomasseresten zu nutzen. Diese werden in Schnell-Pyrolyse-Bio-Öl (fast pyrolysis bio-oil, FPBO, siehe unten) gewandelt, das als biogener Brennstoff der 2. Generation für die Verbrennung in Raumheizungen geeignet ist. Beim Einsatz von FPBO sind abhängig von der Rohstoffbasis zwischen 77 und 95 % geringere Treibhausgasemissionen im Vergleich zu Heizöl aus fossilen Quellen zu erwarten.

Prinzipiell machbar

Den Forschern zufolge ist die Nutzung von FPBO zur Erzeugung von Raumwärme unter technischen, umwelt- und sozio-ökonomischen Aspekten prinzipiell machbar. Die Herstellung von FPBO ist auch in kleinen Anlagen mit einer Verarbeitungskapazität von 20.000 bis 40.000 t/a Biomasse möglich.

Als Rohstoffe für die Herstellung eignen sich land- und forstwirtschaftliche Biomassereste – beispielsweise Holzreste, Miscanthus, Stroh oder Grasschnitt – die weder für die Lebensmittel- noch die Futtermittelproduktion nutzbar sind und nicht zu Landnutzungsänderungen führen. Die im Prozess der Schnell-Pyrolyse als Nebenprodukt entstehende Asche eignet sich aufgrund ihres hohen Gehalts an Mineralien als Dünger in der Landwirtschaft.

Anlagentechnik muss angepasst werden

Pyrolyseöl hat eine braun-schwarze Färbung und ist zähflüssiger als Heizöl.

BTG BioLiquids / Photo Republic

Pyrolyseöl hat eine braun-schwarze Färbung und ist zähflüssiger als Heizöl.

In dem im Forschungsprozess genutzten Produktionsprozess entstand ein weitgehend homogenes FPBO, mit dem der Betrieb einer konventionellen Ölheizung über einen längeren Zeitraum möglich war. Ein eigens entwickelter Haushaltsbrenner mit einer thermischen Leistung von 16 bis 20 kWth lief unter Laborbedingungen mit FPBO ebenso betriebssicher wie ein angepasstes marktübliches Brennwertgerät mit 34 bis 44 kWth.

Aufgrund der chemisch-physikalischen Eigenschaften von FPBO, insbesondere der geringen Viskosität und des hohen Säuregehalts, muss der Vorratstank aus speziellem Polyethylen mit einer hohen Dichte bestehen, und alle brennstoffführenden Bauteile, wie Ventile, Pumpen oder Düsen, sind aus Edelstahl zu fertigen.

Da bei der Verwendung von FPBO längere Flammen als bei Heizöl entstehen, könnte ein angepasstes Design marktüblicher Brennkammern künftig noch weitere Effizienzpotenziale erschließen. Im Laufe der Entwicklungsarbeit stellte sich heraus, dass eine Beimischung von bis zu 20 % Ethanol zum FPBO die Zündfähigkeit erhöht und die Viskosität des Brennstoffs reduziert. Diese Eigenschaften erleichtern den Start des Brenners und minimieren die Ablagerungsbildung an den Brennerkomponenten.

Bei den Emissionen zeigte sich ein uneinheitliches Bild. Der Kohlenstoffmonoxid-Ausstoß (CO) ist mit unter 20 ppm bei 3 % Restsauerstoffgehalt im Abgas vergleichbar mit Heizölbrennern. Die Stickoxidemissionen (NOx) variieren je nach Stickstoffgehalt des eingesetzten Rohstoffs für die Herstellung des FPBO. Während die NOx-Emissionen von FPBO aus Pinienholz vergleichbar mit Heizölbrennern sind, liegen sie bei biogenen Reststoffen aus dem Wald und bei Stroh auf einem deutlich höheren Niveau, das zukünftig durch weitere Maßnahmen, beispielsweise durch ein Luftstufungskonzept, reduziert werden muss. Die bei der Verbrennung entstehenden Feinstaubpartikel sind wie bei Pellet-Heizungen durch entsprechende Filter aus dem Abgas zu entfernen.

Anmerkung der Redaktion: FPBO scheint damit nicht ohne Weiteres für eine Dekarbonisierung von Öl-Heizungen ohne Heizungsmodernisierung durch eine Substitution des Brennstoffs geeignet zu sein. Eine Umstellung würde mindestens eine Einzelfallprüfung erfordern, ob die Materialien von Tankanlagen, Öl führenden Leitungen und Schläuchen, Pumpen, Düsen, Filtern sowie Dichtungen FPBO-geeignet sind.

Rechtliche Hürden bei einer FPBO-Markteinführung

Vor einer möglichen Markteinführung von FPBO stehen noch rechtliche Hürden. So ist FPBO weder in Deutschland noch in mehreren anderen europäischen Ländern als Brennstoff im Raumwärmemarkt zugelassen. Ebenso fehlt eine deutsche sowie europäische Standardisierung von FPBO als Brennstoff zur Nutzung im Raumwärmemarkt.

Mit weiteren Optionen zur Nutzung von FPBO beschäftigt sich das im Juni 2019 gestartete EU-Forschungsprojekt „SmartCHP“ als Nachfolger von Residue2Heat. In SmartCHP wird ein neuartiger kleiner Kraft-Wärme-Kopplung-(KWK)-Motor entwickelt, der FPBO zur Erzeugung von Wärme und Strom nutzt und erneuerbare Energien in den Heiz- und Kühlbereich einbeziehen könnte. Weitere Verbesserungen bei den Schadstoffemissionen durch Abgasnachbehandlung und Standardisierungsfragen sind wesentliche Elemente der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in diesem Projekt. ■

Die Schnell-Pyrolyse...

...ist ein Prozess, in dem organisches Material unter Ausschluss von Sauerstoff innerhalb von wenigen Sekunden auf etwa 500 °C erhitzt wird. Unter diesen Bedingungen entstehen organische und wasserhaltige Dämpfe, Pyrolysegas und Holzkohle. Die Dämpfe werden schnell abgekühlt und kondensieren zu einer hochviskosen Flüssigkeit, so genanntem Pyrolyseöl, Pyrolyseflüssigkeit oder Schnell-Pyrolyse-Bio-Öl (fast pyrolysis bio-oil, FPBO). Dieses Hauptprodukt der Schnell-Pyrolyse besitzt etwa 70 % des Energiegehalts der Biomasse und hat etwa die Hälfte des Heizwertes eines konventionellen Heizöles. Zusätzlich entstehen als wertvolle Nebenprodukte Holzkohle (10-15 %) und Gas (15-20 %), die zur Erzeugung von Prozessenergie eingesetzt werden können. Im Pyrolyseprozess wird der überwiegende Teil der Asche und Mineralien in der Holzkohle gebunden und kann dem Prozess entnommen und recycelt werden. Daher können hochgradig aschehaltige Biomasseströme in nahezu aschefreies biogenes Pyrolyseöl gewandelt werden. (Quelle: Oel-Waerme-Institut, Aachen)