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Gebäudestandard

Wie der Gebäudebestand bis 2045 CO2-neutral wird

Ein Zukunftsimpuls des Wuppertal Instituts zeigt, welche Weichen die Politik stellen muss, um den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral zu machen. Im Fokus stehen höhere Effizienzanforderungen für Bestands- und Neubauten, ein schnellerer Ausstieg aus Gas- und Öl-Heizungen, höhere Anreize und bessere Unterstützung für Gebäudebesitzer und warmmietenneutrale Sanierungen.

Wesentlich für das Erreichen eines klimaneutralen Gebäudebestands ist, dass bestehende Gebäude so renoviert werden, dass sie ähnlich wie Neubauten kaum noch Energie verbrauchen. Gleichzeitig müssen Heizenergie- und Stromversorgung komplett auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Zudem muss durch intelligentere Nutzungskonzepte der Anstieg der Gebäudeflächen gebremst werden. Die kommende Legislaturperiode ist entscheidend, damit Klimaneutralität im Gebäudesektor bis spätestens 2045 erreicht werden kann.

Ausstieg aus fossilen Öl- und Gas-Heizungen

Der Zukunftsimpuls schlägt ein 14 Maßnahmen umfassendes und konsistentes Politikpaket vor. Neben den oben genannten Maßnahmen des Förderns und Forderns gehören dazu insbesondere klare Vorgaben für eine bessere energetische Sanierung und ein deutliches Ziel für den Ausstieg aus fossilen Gas-Heizungen und Öl-Heizungen, um allen Beteiligten Sicherheit zu geben.

Ein individueller Sanierungsfahrplan für alle heute noch nicht effizienten Gebäude bis spätestens 2028 und kommunale Wärmepläne helfen den Gebäudebesitzenden bei der technischen Entwicklung ihrer Gebäude und der Investitionsplanung. Häufig sind es die nicht-monetären Hemmnisse, die maßgeblich für die geringe Sanierungsrate sind. One-Stop-Shops verringern die Hemmschwelle Maßnahmen umzusetzen. Darüber hinaus wirkt Quartiersmanagement unterstützend und hilft Kräfte zu bündeln.

Fokus auf Warmmietenneutralität

Der klimaneutrale Umbau des Gebäudebestandes bis 2045 wird hohe Investitionen auslösen. Für die gesellschaftliche Akzeptanz dieses Transformationsprozesses kommt es dabei insbesondere darauf an, die Mieter in Deutschland nicht zu überfordern. Fast 60 % aller Menschen leben hierzulande in Mietwohnungen. Dr. Stefan Thomas, Leiter der Abteilung Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik am Wuppertal Institut und Leitautor des Zukunftsimpulses: „Die Bundesregierung muss die Rahmenbedingungen so ändern, dass möglichst Warmmietenneutralität erreicht wird, sodass die sinkenden Heizkosten die Kosten der Sanierung ausgleichen.“

Dass sogenannte Drittelmodell könne dazu ein geeignetes Instrument sein. Es zielt darauf, dass Vermietende, Mietende und der Staat jeweils ein Drittel der Modernisierungskosten tragen. Dazu dürfen Vermietende die staatliche Förderung behalten, aber pro Jahr nur noch 1,5 % der Investition über die Modernisierungsumlage an die Mietenden weitergeben.

Download des Zukunftsimpulses: CO2-neutrale Gebäude bis spätestens 2045. ■

 Wärmewende Synthetische Brennstoffe

Für die Autoren des Zukunftsimpulses bleibt „aufgrund der heute noch unzureichend abschätzbaren Marktdynamiken in Bezug auf die Entwicklung synthetischer Brennstoffmärkte (z. B. synthetisches, auf erneuerbaren Energien basierendes Gas) zu diskutieren, ob und in welcher Form Abweichungen von dem strikten Verbot sinnvoll sind, z. B. dann, wenn verbindlich sichergestellt werden kann, dass die Anlagen spätestens bis zum Jahr 2035 vollständig auf klimaneutrale Brennstoffe umgestellt werden können.“

Im Prinzip ist damit aber schon alles beantwortet, denn bis zum Jahr 2035 ist aus heutiger Sicht die nachhaltige Bereitstellung klimaneutrale Brennstoffe in ausreichendem Umfang und zu wettbewerbsfähigen Kosten nicht realistisch.

Dazu wird im des Zukunftsimpuls erläutert: „Um eine Kilowattstunde Wärme über einen Brennwertheizkessel mit synthetischem erneuerbarem Wasserstoff bereitzustellen, ist im Vergleich zu einer Wärmepumpe die vier- bis fünffache und für erneuerbares Methan sogar die sechsfache Strommenge erforderlich. Dementsprechend wäre auch ein vier- bis sechsfacher Ausbau der vorgelagerten Stromerzeugungskapazitäten erforderlich. Mindestens ebenso wichtig ist allerdings der Energieeffizienzstandard der Gebäudehülle, also die Wärmedämmung. Ein Altbau, dessen Gasheizung mit synthetischem Methan aus erneuerbarem Strom befeuert wird, benötigt sogar 80-mal so viel Strom aus erneuerbaren Energien wie ein Passivhaus mit einer effizienten Wärmepumpe!“

Sehr anschaulich verdeutlicht die nachstehende Grafik aus der Publikation die Hebelwirkungen einer energieeffizienten Gebäudehülle sowie der Vorkette der Energieerzeugung. Selbst wenn die Windkraftanlagen im Ausland an Standorten mit einer dreifach höheren Vollbenutzungszeit zur Herstellung synthetischer Brennstoffe positioniert werden, bleiben die Unterschiede enorm.

Zur Versorgung von rund 19 000 Wohneinheiten (à 100 m2) mit Heizstrom bedarf es (jahresbilanziell)…

Einfluss der Effizienz der Gebäudehülle, der Heizungsanlage und der Vorkette zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff (EE-H2) bzw. erneuerbarem Methan (EE-SNG) auf den Bedarf an Primärenergie aus erneuerbarem Strom. Verglichen wird hier beispielhaft die Versorgung von rund 19 000 Wohneinheiten (WE) á 100 m2 mit erneuerbarem Heizstrom. Als Referenz gilt der Passivhaus-Standard (PH) als der technisch höchste verfügbare Gebäudeeffizienzstandard mit einem Nutzwärmebedarf von 15 kWh/(m2 ∙ a). Gelesen wird die Grafik von unten nach oben: Der thermische Nutzenergiebedarf eines 100 m2 großen Passivhauses liegt bei 1500 kWh. Mit einer modernen Sole/Wasser-Wärmepumpe (COP = 4) und angenommenen Verlusten im Stromnetz von 5 % ergibt sich ein Gesamtwirkungsgrad von 380 % und somit ein Primärenergiebedarf von 400 kWh Heizstrom. Zur Versorgung von 19 000 WE werden somit 7,6 Mio. kWh erneuerbarer Strom benötigt, die (rein bilanziell) der Jahresproduktion einer einzigen 3-MWel-Windkraftanlage bei 2500 Vollbenutzungsstunden entsprechen. PH: Passivhaus / NZEB: Nearly Zero Energy Building / EnEV: Energieeinsparverordnung / WEA: Windenergieanlage / PE: Primärenergie / NSH: Nachtspeicherheizung / H2: Wasserstoff / SNG: Synthetic Natural Gas (= synth. Erdgas aus erneuerbarem Strom) 

Wuppertal Institut

Einfluss der Effizienz der Gebäudehülle, der Heizungsanlage und der Vorkette zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff (EE-H2) bzw. erneuerbarem Methan (EE-SNG) auf den Bedarf an Primärenergie aus erneuerbarem Strom. Verglichen wird hier beispielhaft die Versorgung von rund 19 000 Wohneinheiten (WE) á 100 m2 mit erneuerbarem Heizstrom. Als Referenz gilt der Passivhaus-Standard (PH) als der technisch höchste verfügbare Gebäudeeffizienzstandard mit einem Nutzwärmebedarf von 15 kWh/(m2 ∙ a). Gelesen wird die Grafik von unten nach oben:
Der thermische Nutzenergiebedarf eines 100 m2 großen Passivhauses liegt bei 1500 kWh. Mit einer modernen Sole/Wasser-Wärmepumpe (COP = 4) und angenommenen Verlusten im Stromnetz von 5 % ergibt sich ein Gesamtwirkungsgrad von 380 % und somit ein Primärenergiebedarf von 400 kWh Heizstrom. Zur Versorgung von 19 000 WE werden somit 7,6 Mio. kWh erneuerbarer Strom benötigt, die (rein bilanziell) der Jahresproduktion einer einzigen 3-MWel-Windkraftanlage bei 2500 Vollbenutzungsstunden entsprechen.
PH: Passivhaus / NZEB: Nearly Zero Energy Building / EnEV: Energieeinsparverordnung / WEA: Windenergieanlage / PE: Primärenergie / NSH: Nachtspeicherheizung / H2: Wasserstoff / SNG: Synthetic Natural Gas (= synth. Erdgas aus erneuerbarem Strom)