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Dezentrale Energiewende

Wie autark sind Gebäude mit PV-Batterie-System und E-Auto?

solar.htw-berlin.de

Die HTW Berlin hat das Marktumfeld für Elektro­autos und Wallboxen sowie die Energieflüsse in 730 Haushalten untersucht.

Die Studie „Solares Laden von Elektrofahrzeugen“ der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW Berlin) zeigt: Wohngebäude mit PV-Batterie-System und Elektroauto sind im Mittel zu 73 % autark. Die analysierten Haushalte verringern ihren jährlichen Strombezug aus dem Netz durch eine Photovoltaik-Anlage mit Batteriespeicher von durchschnittlich 6900 KWh/a auf 1900 kWh/a. Neben der detaillierten Analyse der Energieflüsse in den Wohngebäuden wirft die Forschungsgruppe Solarspeichersysteme in der Studie einen umfassenden Blick auf das Marktumfeld und die Technik für Elektrofahrzeuge und Wallboxen in Deutschland.

Bis 2030 sollen mindestens 15 Mio. vollelektrische Pkw auf den deutschen Straßen fahren, so das Ziel der Bundesregierung. Ende 2024 waren es erst 1,7 Mio. Elektroautos, etwa 3 % aller in Deutschland zugelassenen Pkw. Davon wurden 381.000 Elektrofahrzeuge im Jahr 2024 neu zugelassen. „Um 15 Mio. Elektrofahrzeuge noch ansatzweise erreichen zu können, müssten wir ein jährliches Marktwachstum von mehr als 60 % auf die Straße stellen“, sagt Nico Orth, Autor und wissenschaftlicher Mitarbeiter der HTW Berlin.

Eigenverbrauch und Ladeeffizienz noch verbesserungswürdig

Auch auf dem Weg zur effizienten Nutzung der Solarenergie beim Laden von Elektrofahrzeugen stehen noch einige Herausforderungen bevor, wie die Forscher anhand bestehender Analysen und Datenblätter feststellen. „Heutige Elektrofahrzeuge sind für schnelles Laden mit hoher Leistung ausgelegt“, erklärt Joseph Bergner, Co-Autor der Studie. „Das widerspricht allerdings den Anforderungen des solaren Ladens, bei dem längere Ladezeiten mit geringen Ladeleistungen im Fokus stehen.“

Derzeit erreichen bei einer minimalen Ladeleistung von 1,4 kW im Mittel nur 76 % der Solarenergie die Fahrzeugbatterie, bei 11 kW sind es immerhin 90 %. Damit liegen die Wirkungsgrade der Fahrzeugladegeräte noch weit hinter den Maßstäben zurück, die ähnlich leistungsstarke Wechselrichter von PV-Speichersystemen setzen.

Weiteres Einsparungspotenzial sehen die Forscher im Energieverbrauch der Elektrofahrzeuge: 150 bis 350 W verbraucht die Bordelektronik der vollelektrischen Pkw. Einzelne Wallboxen beziehen im Stand-by-Modus zusätzlich bis zu 20 W. Bei einer typischen Standzeit der Wallbox im Bereitschaftsbetrieb von 93 % bzw. 8100 h/a, summiert sich der Stand-by-Energiebezug auf 164 kWh/a. Bei einem Netzbezug von 22 kWh für eine Fahrstrecke von 100 km bedeutet dies einen „Reichweitenverlust“ von rund 750 km/a.

Ladeeffizienz unterschiedlicher Ladegeräte (On-Board-Charger, OBC) von Elektrofahrzeugen in Abhängigkeit des anliegenden Stroms im einphasigen und dreiphasigen Betrieb. Messdaten: Sevdari et. al.

solar.htw-berlin.de

Ladeeffizienz unterschiedlicher Ladegeräte (On-Board-Charger, OBC) von Elektrofahrzeugen in Abhängigkeit des anliegenden Stroms im einphasigen und dreiphasigen Betrieb. Messdaten: Sevdari et. al.

Dynamisches Überschussladen steigert den Solaranteil

Im Rahmen der Studie wurden mit Unterstützung von Fronius International die Messdaten von 730 Haushalten untersucht. Ein erstaunliches Ergebnis für die Forscher: 68 % der analysierten Haushalte laden innerhalb einer Woche mehr als dreimal das Elektrofahrzeug – vornehmlich zur Mittagszeit. Anhand der Daten lässt sich auch der Vorteil einer dynamischen Überschussladung gegenüber einer ungesteuerten Ladung nachweisen.

Orth: „Im Vergleich zur herkömmlichen Ladung des Elektrofahrzeugs bei Ankunft mit maximaler Leistung lässt sich mit der Funktionalität des dynamischen Überschussladens der Solaranteil im Mittel um 25 Prozentpunkte steigern.“ Dabei wird die Ladeleistung von der Wallbox automatisch an den solaren Überschuss angepasst. Der Batteriespeicher steigert den Solaranteil an der Fahrzeugladung hingegen im Mittel nur um 9 Prozentpunkte.

In dreiviertel der Haushalte beträgt die Steigerung des Solaranteils durch einen Heimspeicher weniger als 15 Prozentpunkte, da das Elektrofahrzeug vornehmlich tagsüber geladen wird. In Ausnahmefällen sind auch Steigerungen über 30 Prozentpunkte möglich. Welchen Einfluss weitere Faktoren wie das Ladeverhalten, die Ladehäufigkeit oder die Größe der Solaranlage auf die Ergebnisse haben, zeigen die HTW-Forscher in der 53-seitigen Studie.

Bestandteile einer dynamischen Wallboxsteuerung.

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Bestandteile einer dynamischen Wallboxsteuerung.

Wie lässt sich ein hoher Solaranteil erzielen?

Empfehlungen für die Steigerung des Solaranteils liefern die Autoren mit ihrer Analyse gleich mit. Darunter: Die Ladungen entsprechend dem solaren Angebot planen, das Elektrofahrzeug regelmäßig an die Wallbox anschließen und mit überschüssigem Solarstrom laden sowie die Solaranlage möglichst groß dimensionieren. Warum Letzteres sinnvoll ist, zeigt folgendes Beispiel:

„Bei einer durchschnittlichen Fahrleistung von 10.000 bis 15.000 km pro Jahr können Haushalte mit einer PV-Anlage zwischen 5 und 10 kW Peak-Leistung im Mittel 46 % des Energiebedarfs ihres Elektrofahrzeugs mit Solarstrom decken“, erläutert Bergner. „Bietet das Dach hingegen Platz für 15 bis 20 kW Peak-Leistung, erhöht sich der Solaranteil an der Fahrzeugladung im Mittel auf 62 Prozentpunkte. Große PV-Anlagen wirken sich somit positiv auf den ökologischen Fußabdruck des Elektrofahrzeugs aus.“

Steigerung des Autarkiegrads durch einen Heimspeicher mit Elektroauto und Wärmepumpe. Daten: Fronius International, Stichprobe: 227 & 130, Klassenbreite 2,5 Prozentpunkte.

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Steigerung des Autarkiegrads durch einen Heimspeicher mit Elektroauto und Wärmepumpe. Daten: Fronius International, Stichprobe: 227 & 130, Klassenbreite 2,5 Prozentpunkte.

Dass mit dem selbsterzeugten Solarstrom nicht nur der Energiebedarf des Elektroautos gedeckt werden kann, zeigt die Analyse des Autarkiegrads. In vollelektrifizierten Haushalten mit PV-Speichersystem, Elektrofahrzeug und Wärmepumpe lassen sich 59 % des jährlichen Strombedarfs über die selbsterzeugte Solarenergie decken. Der Heimspeicher steigert dabei in 8 von 10 Fällen den Autarkiegrad zwischen 13 und 27 Prozentpunkte. Gerade im Winter, wenn die Wärmepumpe arbeitet und der flächenspezifische Solarertrag gering ist, zählt jedoch vor allem jedes Solarmodul. ■
Quelle: Forschungsgruppe Solarspeichersysteme an der HTW Berlin / jv

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