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Trinkwasserhygiene und Anlagenschutz

Trinkwasser kalt und Legionellen: Technikraum oft zu warm

Bild 2 Technikräume gibt es in allen Größenordnungen. Durch die große Dichte an TGA-Anlagen mit warmen Oberflächen, Rohrleitungen, Kanälen, Motoren, elektrischen Leitungen und Schaltschränken kann die Raumtemperatur technisch und hygienisch bedingte Limits überschreiten.

Kuznietsov Dmitriy – stock.adobe.com

Bild 2 Technikräume gibt es in allen Größenordnungen. Durch die große Dichte an TGA-Anlagen mit warmen Oberflächen, Rohrleitungen, Kanälen, Motoren, elektrischen Leitungen und Schaltschränken kann die Raumtemperatur technisch und hygienisch bedingte Limits überschreiten.

Schon im Einfamilienhaus sind Technikräume echte Technikzentralen und beinhalten zum Beispiel Wechselrichter und Batteriespeicher von Photovoltaik-Anlagen, Lüftungsgerät, Wärmeerzeuger, Trinkwassererwärmer und / oder Pufferspeicher, Hydraulikmodule, die Elektroverteilung sowie Trinkwasser- und Elektrohausanschlüsse.

Und trotz steigender Belegung werden Technikräume tendenziell immer kleiner dimensioniert, damit mehr Fläche für Wohnen und Arbeiten bleibt. In den Technikräumen sorgen die technischen Anlagen und oft nicht vollständig gedämmte warmgehende Leitungen sowie eine gute Außendämmung für eine hohe Raumtemperatur.

Technikraum im Gebäude platzieren

Schon bei der Platzierung des Technikraums im Gebäude sollte bedacht werden, dass die Luft darin tendenziell wärmer ist und somit Wärme an die angrenzenden Räume abgegeben wird. Das kann im Winter für Schlaf- oder Wohnräume ein Vorteil und im Sommer ein Nachteil sein, wenn der Schlaf aufgrund zu hoher Temperaturen beeinträchtigt wird. Ähnliches gilt für Arbeitsplätze in Bürogebäuden. Hinweise zum Platzieren des Technikraums im Gebäude und zur Berechnung des Flächenbedarfs enthält Blatt 1 der VDI-Richtlinie 2050 [1].

Kommen in den Sommermonaten hohe Außentemperaturen hinzu, kann dies zum Problem für die Trinkwasserqualität werden. Denn die warme Umgebung im Technikraum kann dazu führen, dass sich kaltgehende Leitungen soweit erwärmen, dass die Bedingungen für eine kritische Legionellen-Vermehrung vorliegen.

Nach welcher Zeit und wie häufig diese Bedingungen bei der konkreten Nutzung erreicht werden, hängt maßgeblich auch von der Einspeisetemperatur des Trinkwassers ab. Weitere Faktoren sind die Länge, der Durchmesser und die Werkstoffe der Leitungen (Kupfer, Kunststoff, Kunststoffverbund oder Edelstahl).

Wie lange das Wasser in den Rohren verbleibt (Stagnation), spielt ebenfalls eine Rolle. Einen Einfluss haben ebenso die technische Dämmung der Leitungen, die Armaturendämmung und die Rahmenparameter (Luftaustausch, Dämmung der Wände etc.).

Trinkwasser kalt: Normen und Richtlinien

Bild 2 Thermogramm eines nicht gedämmten Flanschanschlusses. Neben dem Energieverlust ist auch die in den Raum eingebrachte Wärmeleistung problematisch.

TÜV SÜD Industrie Service

Bild 2 Thermogramm eines nicht gedämmten Flanschanschlusses. Neben dem Energieverlust ist auch die in den Raum eingebrachte Wärmeleistung problematisch.

Zur Gewährleistung der Trinkwasserhygiene darf in Kaltwasserleitungen eine Temperatur von 25 °C nicht überschritten werden. Normativ regeln das beispielsweise Teil 200 der DIN 1988 „Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen“ [4] und VDI 6023 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen“ [5]. Wird diese Grenze überschritten werden, kann (auch) ein ausreichender Wasserdurchsatz zu hohe Temperaturen im Kaltwasser verhindern.

Nach DIN 1988-200 steht hier der Betreiber in der Verantwortung (Gewährleistung eines bestimmungsgemäßen Betriebs). Das geht auch hervor aus VDI 2050 Blatt 3 „Anforderungen an die Wärme- und Heiztechnik von Technikräumen“ [2]. Schon im Vorfeld sind die Planer und die ausführenden Unternehmen in der Pflicht, damit ein Betreiber seiner Verantwortung gerecht werden kann.

Für die Raumlufttemperatur existieren ebenfalls Vorgaben: Laut VDI 2050 Blatt 1 dienen mindestens 5 °C dem Schutz vor Frost, allerdings wird die Obergrenze von 40 °C nicht näher begründet. Denn bedacht werden muss auch die Temperaturverträglichkeit elektronischer Bauteile (z. B. von Regelungskomponenten). Nach DIN 18 012 „Anschlusseinrichtungen für Gebäude – Allgemeine Planungsgrundlagen“ [3] ist es beispielsweise nur bis 30 °C zulässig, die Anschluss- und Betriebseinrichtungen für die Stromversorgung im Technikraum unterzubringen.

Wärmeverträglichkeit von Elektronikkomponenten

Andere Einrichtungen, etwa Schaltschränke tolerieren zwar höhere Temperaturen (meist zwischen 35 und 60 °C), erhöhen aber auch den Wärmeeintrag. Und wenn gekapselte Bauteile wie Steuerungen verbaut sind, neigen diese bei dauerhaft über 45 °C Raumlufttemperatur zu Fehlfunktionen. Kurzzeitige Temperaturschwankungen am Tage bergen jedoch keine Einschränkungen für den einwandfreien Betrieb. Im Zweifel sollten sich Fachplaner und -firmen an den Hersteller wenden, um spezifische Informationen zur Wärmeverträglichkeit von Elektronikkomponenten zu erhalten.

Liegen keine herstellerseitigen Angaben vor, empfiehlt TÜV SÜD eine temperaturgeführte Raumlüftung mit 30 °C als Grenzwert. Das dient nicht nur dem Schutz der Elektronik, sondern auch der Trinkwasserhygiene. Der Betreiber sollte bzw. muss bei Verdachtsfällen regelmäßig überprüfen, ob die Temperatur im Trinkwasser kalt unter 25 °C bleibt. Wird dieser Grenzwert dauerhaft überschritten, hilft noch die (bessere) Dämmung aller warm- und kaltgehenden Leitungen inklusive ihrer Verbindungen und Armaturen. Dies verringert aber den Wärmeeintrag nur, vollständig verhindert werden kann er nicht.

Bei Gebäuden mit Fernwärmeanschluss gehört zu den Technischen Anschlussbedingungen (TAB) [6] u. a., für eine ausreichende Belüftung zu sorgen, sodass die Umgebungstemperatur bei der Fernwärme-Übergabestation im Technikraum dauerhaft 30 °C nicht übersteigt. Weiterhin sind aus hygienischen Gründen auch hier Wassertemperaturen über 25 °C zu vermeiden.

Legionellen im Trinkwasser kalt: Praxisbeispiel Sportstätte

Bild 3 Temperaturmessung in der Sportstätte.

TÜV SÜD Industrie Service

Bild 3 Temperaturmessung in der Sportstätte.

Der Betreiber einer Sportstätte hatte Legionellenprobleme und wollte sicherstellen, dass auch im Hochsommer die einwandfreie Trinkwasserqualität in den kaltgehenden Leitungen gewährleistet war / ist. Untersucht werden sollte darüber hinaus, ob alle gebäudetechnischen Anlagen uneingeschränkt funktionierten. Er beauftragte TÜV SÜD zu evaluieren, ob sich die Raumluft- und Trinkwassertemperatur (kalt) im zulässigen Bereich befanden.

Von Mitte Juni bis Anfang Juli betrug die Raumlufttemperatur zwei Wochen durchschnittlich 32 °C. Beim Trinkwasser überstieg die Grenze selten und nur geringfügig 25 °C um maximal 0,4 K (Bild 3). Unter Berücksichtigung der Messtoleranzen und mit Blick auf aktuelle Forschungsergebnisse (siehe Info-Kasten) gilt die Trinkwasserqualität noch als gesichert. Auch belegten Herstellerangaben, dass sich der dortige Schaltschrank bis 50 °C betreiben ließ.

Obwohl keine Maßnahmen erforderlich gewesen wären, entschied sich der Betreiber, einen Lüfterregler zu installieren, um die Raumluft auf 30 °C zu begrenzen. Zusätzlich wurden alle Rohrleitungen und vor allem die Flansche (Bild 2) gedämmt.

Raumlufttemperatur: Stets den Einzelfall betrachten

Die normative Obergrenze von 40 °C für die Raumluft einzuhalten ist nicht immer ein Garant für die Trinkwasserhygiene. In welchem Maße Wärme übertragen wird, bestimmen eine Vielzahl von Einflüssen wie die Witterungsverhältnisse oder die Gebäudedämmung. Eine individuelle Bewertung ist für Fachplaner und ausführende Firmen deshalb zwingend erforderlich. Auch sollte die Temperaturverträglichkeit elektronischer Komponenten auf Basis von Herstellerangaben berücksichtigt werden.

Kompakt zusammengefasst
■ Durch den Wärmeeintrag von TGA-Anlagen und -Leitungen werden Technikräume mitunter zu warm.
■ Die normative Obergrenze einer Raumlufttemperatur von 40 °C kann für die Trinkwasserhygiene und die Temperaturverträglichkeit elektronischer Komponenten bereits kritisch sein.
■ Bestehen Zweifel, empfiehlt TÜV SÜD eine temperaturgeführte Raumlüftung mit 30 °C als Grenzwert.
 

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Legionellen-Vermehrung bei Temperaturen über 25 °C

Der DVGW hat in einem Forschungsvorhaben untersucht, welche Prozesse und Faktoren das Wachstum von Legionellen beeinflussen. Dabei kam u. a. heraus, dass kurzzeitige Überschreitungen von 25 °C um einige Kelvin zu keiner erhöhten Konzentration von Legionellen im Trinkwasser führten: „Insgesamt zeigte sich bei langer Stagnation eine geringe Zunahme der Legionellen ab 27 °C und eine deutliche Vermehrung bei 30 °C mit höheren Werten in der Strecke mit einer stärkeren Biofilmbildung.“ Die Versuche wurden parallel mit Gummischläuchen und Rohrleitungen aus Edelstahl durchgeführt. In der Anordnung mit Gummischläuchen wurden höhere Legionellen-Konzentrationen als in Rohrleitungen aus Edelstahl bestimmt. [7]
 

Literatur

[1] VDI 2050 Blatt 1 Anforderungen an Technikzentralen – Technische Grundlagen für Planung und Ausführung. Berlin: Beuth Verlag, November 2013, weitere Infos 

[2] VDI 2050 Blatt 3 Anforderungen an Technikzentralen – Wärme-/Heiztechnik. Berlin: Beuth Verlag, November 2018, weitere Infos 

[3] DIN 18 012 Anschlusseinrichtungen für Gebäude – Allgemeine Planungsgrundlagen. Berlin: Beuth Verlag, April 2018, weitere Infos 

[4] DIN 1988-200 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 200: Installation Typ A (geschlossenes System) – Planung, Bauteile, Apparate, Werkstoffe. Berlin: Beuth Verlag, Mai 2012, weitere Infos 

[5] VDI 6023 Hygiene in Trinkwasser-Installationen. Berlin: Beuth Verlag, April 2013, weitere Infos 

[6] AGFW FW 515 Technische Anschlussbedingungen – Heizwasser (TAB-HW). Frankfurt: AGFW, Juli 2015

[7] Korth, Andreas; Petzoldt, Heike: DVGW-Forschungsvorhaben untersucht: Vermehrung von Legionellen im Kaltwasser (DVGW-Forschungsvorhaben W 210629). Bonn: Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser, energie | wasser-praxis, 5/2020 Download 

Dieser Artikel erschien zuerst in der Heftausgabe TGA Fachplaner 03-2022 unter dem Titel „Ab wann ist ein Technikraum zu warm?“ von Dr.-Ing. Markus Weißenberger.

 

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