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Energieträger

Mit Biomethan statt Erdgas heizen: wirtschaftliche Sackgasse

silbertaler – stock.adobe.com

Kommunale Wärmepläne setzen auf Biomethan und Wasserstoff zum Erhalt des Erdgasnetzes. Der Flächenbedarf und die Kosten sprechen dagegen.

Eignen sich Biogas beziehungsweise zu Biomethan aufbereitetes Biogas und Wasserstoff als künftiger Brennstoff für heutige Erdgasnetze? Technisch ist das einfach möglich, wirtschaftlich führt es jedoch in eine Sackgasse, analysiert eine Studie des Borderstep Instituts am Beispiel Bordesholm (Kreis Rendsburg-Eckernförde).

Zum Hintergrund: Im Juni 2023 hatte der Geschäftsführer der Versorgungsbetriebe Bordesholm (VBB) den Kieler Nachrichten ein Interview zur Frage der kommunalen Wärmeplanung gegeben und am 19. Juni 2023 in der Regionalausgabe der Kieler Nachrichten, der „Holsteiner Zeitung“, veröffentlicht. In diesem Interview erwähnt er, dass der kommunale Wärmeplan für Bordesholm so gut wie fertig sei: „Wir priorisieren grünes Gas und Wasserstoff. Wir wollen unser Erdgasnetz weiterhin nutzen, darin aber Biomethan-Gas zum Kunden transportieren. Das Konzept ist aus unserer Sicht sanft und flexibel.“

Angst vor der Wärmewende

Dieser Satz nimmt die Ängste vieler Menschen und auch vieler Energieversorgender vor einer radikalen Wende hin zu Wärmenetzen und Wärmepumpen auf und verspricht, auch weiter durch die Verbrennung von Gas zu heizen. Dann können die Gas-Heizungen einfach an der Wand hängen bleiben, denn „bei vielen Heizungen ist überhaupt kein neuer Brenner notwendig, weil die meisten auch mit grünem Gas laufen“.

Borderstep-Mitgründer Dr. Jens Clausen, Projektleiter des Vorhabens „Keypoints der Wärmewende“ des Fördervereins von Scientists for Future: „Das klingt erstmal überzeugend. Aber was wäre, wenn alle oder auch nur viele Regionalversorger diesen Weg einschlagen wollen? Wie würde sich die Produktion des dafür nötigen Biogases auf die Landwirtschaft und die Flächennutzung auswirken? Wieviel Strom müsste produziert werden, um die notwendige Wärmemenge durch Wasserstoff bereitstellen zu können? Um den Flächenbedarf und die Kosten zu konkretisieren, haben wir das in unserer Studie am Beispiel Bordesholm exemplarisch nachgerechnet.

Vergleich idealtypischer Szenarien der Wärme-Vollversorgung einer Kleinstadt. (WKA: Windkraft-Anlagen)

Borderstep Institut

Vergleich idealtypischer Szenarien der Wärme-Vollversorgung einer Kleinstadt. (WKA: Windkraft-Anlagen)

Substrate für Biogas statt Futtermittel? Oder Wasserstoff?

Die Umstellung auf Biogas erfordert im Szenario der Studie, in Zukunft 48 % der Ackerfläche mit Silomais zu bebauen. Dadurch stünde zukünftig kaum noch Fläche für den Futtermittelanbau zur Verfügung. Zudem ist Biogas aufgrund der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft nicht klimaneutral und die Maisernte ist abhängig von der Verfügbarkeit von Grundwasser für die Bewässerung.

Eine Alternative scheint die Umstellung der Gasversorgung auf Wasserstoff zu sein. Sie erfordert jedoch hohe Investitionen in zusätzliche Stromerzeugung mit Wind oder Solar, Elektrolyseanlagen, einen Wasserstoffspeicher und überall dort neue Heizthermen, wo diese nicht wirklich H2-Ready sind. Aufgrund der geringen Energiedichte von Wasserstoff im Vergleich zu Erdgas ist es unter Umständen auch notwendig, das Gasnetz auszubauen bzw. einzelne Strecken zu erneuern.

Clausen: „Die in der öffentlichen Debatte wenig geliebte Wärmepumpe steht in diesem Vergleich recht gut da. Ihr Betrieb erfordert eine im Vergleich zu Wasserstoff sehr geringe Stromproduktion und die Investitionskosten für die Ausstattung aller Gebäude der Stadt mit Wärmepumpen dürften deutlich niedriger liegen als die für die Wasserstoffproduktion- und Verteilung.“ ■

Download der Studie Bordesholm und das grüne Gas

Quelle: Borderstep Institut / jv

Anmerkung der Redaktion: Die Studie zeigt neben den Ergebnissen für Bordesholm eine Problematik auf, die bisher bei der Kommunalen Wärmeplanung und im Wärmeplanungsgesetz (WPG) kaum adressiert wird: Alle zur Verfügung stehenden Energieträger unterliegen Limitierungen, sodass jede Festlegung einer Kommunalen Wärmeplanung die dieser Planung zugrunde liegenden Annahmen beeinflusst.

Im Einzelfall sind bereits regionale Effekte naheliegend, es wird aber auch überregionale Auswirkungen geben. Beispielsweise würde ein Boom bei Wärmenetzen schnell die Baukapazitäten erschöpfen und damit die Preise treiben. Eine starke Bewegung in Richtung Wasserstoff würde sich praktisch auf allen Kontinenten auswirken und in der Hochlaufphase unter anderem durch Abhängigkeiten mit dem Gebäudeenergiegesetz eine hohe Nachfrage nach Biomethan mit entsprechender Preisentwicklung auslösen.

So wird insbesondere bei Gasnetzen lange Zeit die Gefahr bestehen, dass Transformationspläne mit dem Hinweis auf die so nicht erwartete Entwicklung verzögern oder überarbeitet werden müssen (siehe auch: Technologieoffenheit wird vor allem teuer).

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