
Phoenix Contact
Das Beispiel des von Captial-Real betriebenen Köterhofs in Oldenburg zeigt, dass sich selbst ein fünf Jahre alter Erweiterungsbau energetisch optimieren lässt. Dazu sind neben gebäudespezifischem Know-how und der umfassenden Einbeziehung aller Beteiligten eine innovative Steuerung sowie eine übersichtliche Visualisierungslösung notwendig.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ In einem gewerblich genutzten Gebäude wurde vier Jahre nach der Errichtung die Gebäudeautomation überarbeitet. Hintergrund war, dass die Steuerung der Raumtemperatur nicht zufriedenstellend funktionierte.
■ Nachgerüstet wurden deshalb aus dem Phoenix-Contact-Portfolio eine Catan-Gebäudesteuerung und das Gebäudemanagementsystem Emalytics.
■ Mit dem IoT-basierten Niagara Framework können die Daten und Informationen aller Teilgewerke bedarfsgerecht gesteuert, ausgewertet und verarbeitet werden.
Jede Stadt hat ihre Wahrzeichen, wie Paris den Eiffelturm oder New York die Freiheitsstatue. Im Oldenburger Stadtteil Ohmstede kommt dieser Status dem Köterhof zu. Dabei handelt es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude aus dem Jahr 1807. Ehemals als landwirtschaftliche Nebenstelle mit Wohnteil und Stallungen errichtet, änderte sich seine Nutzung im Lauf der Jahrhunderte mehrfach.
Nachdem eine Tankstelle und ein Gebrauchtwagenhandel ausgezogen waren, stand das Bauwerk einige Jahre leer. Der Oldenburger Geschäftsmann Dennis Poelmeyer erkannte das Potenzial des Köterhofs allein schon aufgrund der verkehrsgünstigen Lage. Zudem ist Poelmeyer vom Fach. Ihm gehört die Capital-Real GmbH & Co. KG, die sich auf die Umsetzung von Immobilien und Bauvorhaben in der Stadt Oldenburg sowie der gesamten Weser-Ems-Region spezialisiert hat. Das Unternehmen projektiert, errichtet, verkauft und vermietet hochwertige Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser sowie Eigentumswohnungen und Ferienimmobilien.
Dennis Poelmeyer kaufte also den Köterhof und ließ das Gebäude im ersten Schritt aufwendig sanieren. Heute erstrahlt das Fachwerkhaus im alten Glanz und beherbergt mittlerweile ein hochwertiges Restaurant und eine Weinhandlung. 2020 wurde ein moderner Gebäudeteil angebaut, der sich mit dem Fachwerkhaus zu einer stimmigen Einheit verbindet (Bild 1).
Die Heizung und Kühlung waren verbesserungswürdig

Phoenix Contact
Im Erweiterungsbau befinden sich auch die Büros von Capital-Real. Die Mitarbeitenden finden hier eine Wohlfühlatmosphäre vor. Die bodentiefen Fenster verschatten sich automatisch, wenn die Sonne direkt auf sie einstrahlt. Aus klarem Glas werden dann Milchglasscheiben. Die einzelnen Räume sind modern und funktional eingerichtet. Verschiedene Wanderausstellungen aus Bildern und Kunstobjekten sorgen für ein ganz besonderes Flair.
Was anfangs nicht zur Zufriedenheit funktionierte, waren die Beheizung und Kühlung der Räume. Die Mitarbeitenden konnten beides nicht optimal an die individuellen Temperaturanforderungen anpassen. Außerdem entsprachen die großen Raumbediengeräte nicht der gehobenen Ausstattung der Räumlichkeiten.
Vor diesem Hintergrund suchte Poelmeyer nach einem neuen Installationsunternehmen. Fündig wurde er in Lindern mit der EPM GmbH. Das 1978 gegründete Unternehmen ist neben dem Schaltschrankbau, der Automatisierungstechnik und dem Engineering auf die Elektro-Installation spezialisiert. Dabei kommt der effizienten Gebäudeautomation eine besondere Rolle zu. Deshalb wandte sich EPM beim Retrofit-Projekt Köterhof an den langjährigen Partner Phoenix Contact, der sich seit vielen Jahren mit einem großen Produktportfolio und Dienstleistungen im Gebäudebereich engagiert.
Visualisierung pro Etage

Phoenix Contact
Im Frühjahr 2024 starteten die Arbeiten im Erweiterungsbau des Köterhofs. EPM wurde mit der Modernisierung und Automatisierung der Heiz- und Kühlsysteme beauftragt, wobei die ursprüngliche Architektur und Leitungsinstallation erhalten bleiben sollte. Auf die Herausforderungen angesprochen, erzählt Sebastian Holterhaus (Bild 2), Elektrotechnikermeister bei EPM:
„Eigentlich war alles vorhanden, was für das Heizen und Kühlen benötigt wird. Wir mussten allerdings mit der bestehenden Verkabelung klarkommen, denn aufgrund der aufwendig mit Lehm verputzten Innenwände sollten keine neuen Leitungen verlegt werden. Leider gab es keine Verkabelungspläne, sodass wir nach freien Adern zum Anschluss der Gebäudesteuerung Catan suchen mussten.“
Für die neuen, deutlich kleineren Bediengeräte hat der betraute Malerbetrieb eine clevere Lösung gefunden, um den Lehmputz zu imitieren. Über die KNX-basierten Bediengeräte können die Mitarbeitenden die Räume gemäß ihren persönlichen Anforderungen heizen und kühlen.
Die Umluftgeräte für die Heizung und Kühlung befinden sich in der Zwischendecke zu der darüber liegenden Etage. Hier sind auch die Temperaturfühler sowie I/O-Geräte zur Weiterleitung der erfassten Werte an die Catan-Steuerung verbaut. Nachts wird die Temperatur im gesamten Gebäude heruntergeregelt und morgens auf einen Standardwert hochgefahren, den die Mitarbeitenden individuell anpassen können.
Finn Sundermann, Bauleiter bei Capital-Real, berichtet: „Das Gebäudemanagementsystem Emalytics von Phoenix Contact stellt uns für jede Etage eine Visualisierung zur Verfügung. Außerdem können die Administratoren zentrale Bedienfunktionen ausführen. Ein separates Gebäudenetzwerk, das die IT- und OT-Ebenen trennt, sorgt für umfassende Cyber Security.“
Kompakte Steuerung im REG-Format

Phoenix Contact
In der Gebäude- und Raumautomation kommen häufig kompakte Installationsverteiler zum Einsatz, die nur wenig Platz für die zu installierende Hardware bieten. Das ist auch im Köterhof-Projekt von Capital-Real der Fall. Im Erdgeschoss verbirgt sich der Verteilerkasten beispielsweise in der Wand hinter einem der Schreibtische, ist also kaum sichtbar. Als Steuerung hat sich EPM für das neue Gerät Catan C1 EN von Phoenix Contact entschieden. Holterhaus: „Uns haben dessen kompakte Bauform im REG-Format sowie die zahlreichen Kommunikationsschnittstellen überzeugt.“
Der Catan C1 EN, der mit einem Managed Ethernet Switch ausgestattet ist, umfasst 14 flexibel konfigurierbare Ein- und Ausgänge. Die acht universellen Eingänge eignen sich unter anderem für Temperatursensoren, 0…10-V-Schnittstellen oder als Zähler. Die beiden Universal- und vier Digitalkanäle sind alternativ als Aus- oder Eingänge einstellbar. Hinzu kommen drei Ethernet-, zwei serielle RS485- sowie zwei USB-C-Schnittstellen zum Anschluss eines Control Panels sowie von USB-Peripheriegeräten. Die Erweiterungsmodule werden über zwei SPE- Interfaces (Single Pair Ethernet) angekoppelt. Als erster Controller auf Basis des Niagara Frameworks hat Catan C1 EN (Bild 3) zudem eine KNX-TP-Schnittstelle on board.
In Summe ist nun auf jeder Etage des Köterhofs eine Steuerung installiert. „Im Erdgeschoss wird das Gerät um ein Erweiterungsmodul Catan DOR6 UI8 ausgebaut, um die Relaiskontakte für den Lüfter sowie das Heizen und Kühlen anbinden zu können“, berichtet Sundermann. „Über die Gebäudesteuerung erfolgt auch das Management der in der Zwischendecke verbauten I/O-Module in puncto Diagnose und Firmware-Updates.“ Im Verteilerkasten befindet sich ferner eine REG-Stromversorgung von Phoenix Contact. Nachgerüstet werden könnte ein steckbares Control Panel, das bei der lokalen Inbetriebnahme, Bedienung und Wartung unterstützt (Bild 4).
IoT-Framework zum Steuern und Auswerten der Daten

Phoenix Contact
Als Programmierumgebung und zur Visualisierung steht mit Emalytics und dem Niagara Framework ein leistungsfähiges Werkzeug bereit. Die intelligente Plattform vereint die Management- und Bedieneinrichtung sowie das Energiemonitoring. Mit dem IoT-basierten Framework können die Daten und Informationen aller Teilgewerke bedarfsgerecht gesteuert, ausgewertet und verarbeitet werden.
Holterhaus: „Das Browser-basierte Visualisierungs-Framework Emalytics View bietet einen umfangreichen Werkzeugkasten zum Erstellen einer individuellen Gebäudevisualisierung mit übersichtlichen Dashboards. Gemeinsam mit den Gebäudeexperten von Phoenix Contact hat EPM die individuellen Übersichten gemäß den Wünschen von Capital-Real generiert. Damit können sich die Verantwortlichen bei Captial-Real die Daten einzelner Gewerke anzeigen lassen sowie diese auswerten, vergleichen und daraus Optimierungspotenziale ableiten.“ Innerhalb des Frameworks stehen fertige Bibliotheken für einzelne Funktionen zur Verfügung, was die Umsetzung der Visualisierung beschleunigt (Bild 5).
Die Visualisierungslösung läuft auf einem Webserver. Alle berechtigten Nutzenden können sich die aktuellen Temperaturwerte ihres Büros und anderer Räumlichkeiten auf dem Smartphone ansehen. Sundermann: „Herr Poelmeyer und ich fungieren als Administratoren. Wir können von zu Hause per Notebook neue Einstellungen vornehmen. Der sichere Fernzugriff erfolgt per VPN (Virtual Private Network). Den anderen Nutzenden ist dies nicht möglich. Im ersten Schritt wollen wir nämlich Erfahrungen sammeln, durch welche Maßnahmen sich der Energieverbrauch außerhalb der Bürozeiten deutlich reduzieren lässt.“ Wie bereits beschrieben, passen die Mitarbeitenden die Temperatur dann vor Ort an ihre persönlichen Bedürfnisse an.
Sofortige Einbeziehung aller Beteiligten

Phoenix Contact
Das Projekt Köterhof zeigt, wie sich auch bestehende Gebäude durch moderne Automatisierungstechnik nachhaltig und effizient betreiben lassen. Gleichzeitig wird den Mitarbeitenden ein angenehmes Arbeitsumfeld geboten, was die Produktivität steigert. Ob Planung, Installation oder Betrieb eines Gebäudes: In allen Phasen ist es wichtig, dass sämtliche Beteiligten von Anfang an einbezogen werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Mit der neuen Gebäudesteuerung Catan C1 EN lässt sich der Energieverbrauch von Gebäuden deutlich senken. Im Köterhof ist sie seit Herbst 2024 in Betrieb. Seitdem hat es auf Basis der vorliegenden Daten verschiedene Nachjustierungen gegeben. Ab 2026 werden Vergleichszahlen in puncto Energieeffizienz vorliegen.
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Gebäudeautomation