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Wärmewende

Erdgas wird im Neubau zunehmend aussortiert

Der Anteil der Gas-Heizung im Wohnungsneubau hat sich binnen 20 Jahren fast halbiert. Nur noch 39 % der 2020 gebauten Wohngebäude heizen mit Erdgas. Der Trend wird sich noch erheblich verstärken. Vermutlich auch, weil die aktuellen Preissteigerungen für Erdgas noch gar nicht bei den Verbrauchern angekommen sind.

Mit dem Beginn der Heizperiode geraten die Kosten für die verwendeten Energieträger besonders in den Fokus – allen voran bei Erdgas. Denn knapp 50 % aller Wohnungen werden ganz oder überwiegend mit Erdgas beheizt. Aus dem Neubausegment kommen allerdings immer weniger Wohnungen dazu. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis), waren von den im Jahr 2020 knapp 113 000 neu errichteten Wohngebäuden 39 % mit einer Gas-Heizung ausgestattet. Den Rang als wichtigste primäre Energiequelle hat Erdgas bereits die Wärmepumpe abgelaufen.

Der Trend zum fossilen Energieträger Erdgas ist seit Jahren rückläufig: Im Jahr 2010 lag der Anteil der Neubauten, die mit Gas beheizt wurden, noch bei 53 %, im Jahr 2000 sogar bei 74 %. Weitere fossile Energieträger zum Heizen sind Heizöl und teilweise auch Strom. Öl-Heizungen stellen in neu gebauten Wohngebäuden mittlerweile eine Seltenheit dar: 2020 waren lediglich 0,7 % der Neubauten mit einer Ölheizung ausgestattet, 20 Jahre zuvor war es noch fast jede fünfte (20 %).

Anteil ausgewählter Heizenergieträger in allen neu gebauten Wohngebäuden.

Statistisches Bundesamt

Anteil ausgewählter Heizenergieträger in allen neu gebauten Wohngebäuden.

Stattdessen gewinnen erneuerbare Energien immer mehr an Bedeutung. So waren im Jahr 2020 Heizungs-Wärmepumpen die wichtigste primäre Energiequelle: In 46 % der Neubauten werden sie als Energiequelle zum Heizen genutzt. Erneuerbaren Energien wurden im Jahr 2020 damit erstmals in mehr als der Hälfte (50,5 %) der Neubauten zum Heizen eingesetzt.

Der Trend setzt sich fort

Bei den Baufertigstellungen, also der realen Bautätigkeit, sind die Entscheidungen für einen Energieträger oder ein Heizsystem zumeist schon deutlich früher als im Fertigstellungsjahr getroffen worden, mitunter liegen mehrere Jahre dazwischen. Die Zukunft bei den Baufertigstellungen lässt sich in gewissem Maße aber schon aus den Baugenehmigungen ablesen.

Beheizungsstruktur im Wohnungsneubau.

BDEW

Beheizungsstruktur im Wohnungsneubau.

Auf Basis der „zum Bau genehmigten neuen Wohneinheiten in neu zu errichtenden Wohngebäuden“ war Erdgas im 10-Jahre-Rückblick in den Jahren 2011 bis 2015 bei rund 50 % aller genehmigten Wohnungen die primäre Heizenergie. Bis 2020 ist der Markanteil auf 33 % erodiert und der Wert für den Zeitraum Januar bis Juli 2021 deutet mit 26,8 % sogar eine Trendbeschleunigung an. Klarer Favorit bei der Beheizung neuer Wohneinheiten in neu zu errichtenden Wohngebäuden ist die Heizungs-Wärmepumpe. Das hängt auch damit zusammen, dass bei immer weniger Neubauvorhaben Erdgas gar nicht zur Verfügung steht.

Preissteigerungen erst bei Import- und Erzeugerpreisen angekommen

Auch wenn sich im Neubau erneuerbare Energieträger mehr und mehr durchsetzen, spielt im Wohnungsbestand neben Erdgas auch Heizöl nach wie vor eine Rolle: Rund ein Viertel aller Wohnungen wird aktuell mit Heizöl beheizt.

Für beide Energieträger sind seit einiger Zeit Preisanstiege in den vorgelagerten Wirtschaftsstufen erkennbar: Zum einen macht sich die CO2-Bepreisung seit Beginn des Jahres 2021 bemerkbar, zum anderen spielen verschiedene Corona-Effekte, etwa die schnelle Erholung der Wirtschaft nach der ersten Lockdownphase, eine Rolle.

So stiegen beispielsweise die Importpreise für Erdgas ab März 2021 deutlich an; im August 2021 lagen sie schon um 177,5 % höher als im Vorjahresmonat. Auch Erdöl war im August 2021 im Vorjahresvergleich mit einem Plus von 63,6 % deutlich teurer, elektrischer Strom, der ebenfalls im geringen Ausmaß zum Heizen genutzt wird, um 136,1 %.

Auch bei den gewerblichen Erzeugerpreisen waren zuletzt deutliche Steigerungen zu beobachten: Die Erdgaspreise lagen im August 2021 um 44,2 % höher als im Vorjahresmonat, wobei deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Verbrauchsgruppen bestanden. Die Preise für leichtes Heizöl stiegen um 63,6 %. Beim elektrischen Strom fiel die Steigerung hingegen deutlich niedriger aus (+ 20,4 %).

Erdgas – Preisentwicklung auf verschiedenen Wirtschaftsstufen.

Statistisches Bundesamt

Erdgas – Preisentwicklung auf verschiedenen Wirtschaftsstufen.

Preissteigerungen bei Erdgas noch nicht bei den Verbrauchern angekommen

Bei den Verbrauchern sind die Preissteigerungen beim Erdgas nicht in dem Ausmaß sichtbar wie auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen. Erdgas war im September 2021 um 5,7 % teurer als im Vorjahresmonat – der Preisanstieg lag damit nur leicht über dem des Verbraucherpreisindex insgesamt (4,1 %). Und der Anstieg beim Erdgas resultiert nicht nur aus den Preissteigerungen auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen einschließlich der CO2-Bepreisung, sondern auch aus dem Basiseffekt durch die temporäre Senkung der Mehrwertsteuersätze im Vorjahr.

Für leichtes Heizöl mussten die Verbraucher im September 2021 allerdings schon rund 76,5 % mehr als vor einem Jahr bezahlen. Strom war im September 2021 nur 2,0 % teurer als im Vorjahresmonat. Die unterschiedlichen Entwicklungen bei Erdgas und Strom einerseits sowie Heizöl andererseits sind auf den unterschiedlichen Zugang der Verbraucher zum Energiemarkt zurückzuführen, erklärt Christoph-Martin Mai, Leiter des Referats „Verbraucherpreise“ im Statistischen Bundesamt. Während Heizöl zu aktuellen Preisen gekauft wird, gelten für Erdgas und Strom oftmals langfristige Verträge mit Energieversorgern.

Rohöl und Heizöl – Preisentwicklung auf verschiedenen Wirtschaftsstufen.

Statistisches Bundesamt

Rohöl und Heizöl – Preisentwicklung auf verschiedenen Wirtschaftsstufen.

Knapp 6 % der privaten Konsumausgaben für Energie

Die Ausgaben eines Durchschnittshaushaltes für Wohnenergie, also unter anderem für Strom, Gas und Heizöl, lagen im Jahr 2019 bei monatlich 150 Euro, das waren 5,8 % der privaten Konsumausgaben. Den größten Anteil an den Ausgaben für Wohnenergie haben die Ausgaben für Strom. Im Jahr 2019 lagen sie im Schnitt bei 46 % (rund 70 Euro/Monat). ■

Der Artikel gehört zur TGA-Themenseite TGA-Marktdaten
Im Kontext: Gaswirtschaft will Treibhausgas-Minderungsquote für Gas