Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Heizungswende

Wenn man für CO2 mehr als für den Wärmepumpenstrom zahlt

„Viele Jahre war der He­bel der Jahres­ar­beits­zahl für das un­güns­ti­ge Strom-/Gas­preis­ver­hält­nis nicht lang ge­nug, um den Markt zu dre­hen. Das hat sich in­zwi­schen ge­än­dert. Und stei­gen­de CO2-Prei­se ver­län­gern ihn deut­lich.“

GV

Die CO2-Bepreisung verteuert fossile Brennstoffe wie Erdgas und Heizöl. Diese zusätzliche Teuerung lässt sich mit typischen Nutzungsraden in eine äquivalente Änderung beim Wärmepumpen(WP)-Strompreis umrechnen. Der aktuelle CO2-Preis von 55 Euro/t (netto) bedeutet einen Anteil am Erdgaspreis von fast 1,2 Ct/kWh, bei Heizöl sind es gut 1,6 Ct/kWh, jeweils brutto und auf den Brennwert Hs bezogen.

Bei einem für noch nicht sanierte Einfamilienhäuser typischen Endenergiebezug von 20.000 kWh/a ergeben sich CO2-Kosten von 237 Euro bei Erdgas und 327 Euro für Heizöl. Nimmt man überschlägig einen zum aktuellen Preisgefüge passenden WP-Strompreis von 23,7 Ct/kWh an, entspricht der CO2-Preis für Erdgas den WP-Stromkosten für 1000 kWh, bei Heizöl sind es dem Verhältnis der verbrennungsbezogenen CO2-Emissionen der beiden Energieträger entsprechend 1380 kWh.

Parität schon bei unter 300 Euro/t…

Setzt man für das Einfamilienhaus an, dass der vorhandene Heizkessel demnächst ausgetauscht werden muss, könnte man sehr optimistisch einen Jahresnutzungsgrad von 0,875 annehmen, woraus sich dann eine Wärmebereitstellung von 17.500 kWh/a ergibt. Mit einer gut erreichbaren System-Jahresarbeitszahl von 3,5 ergibt sich beim Umstieg auf eine Wärmepumpe für ihren Antrieb ein Strombedarf von 5000 kWh/a.

Mit der fünffachen Strommenge gegenüber der CO2-Kosten-Strommenge für Erdgas bedeutet dies, dass bei einem CO2-Preis von 5 × 55 Euro/t = 275 Euro/t die CO2-Kosten genauso hoch wie die Gesamtkosten für den WP-Strom bei einem Strompreis von 23,7 Ct/kWh sind. Bei Heizöl würde diese Parität bei einem CO2-Preis von 200 Euro/t vorliegen.

…mit sehr hohem Vorteil bei den Energieträgerkosten

Da der Jahresnutzungsgrad optimistisch und der WP-Strompreis pessimistisch angesetzt und keine Eigenstromnutzung berücksichtigt wurde, wird Parität in der Praxis voraussichtlich schon auf einem geringeren CO2-Preisniveau erreicht. Wird Parität erreicht, ist der Vorteil bei den Heizenergieträgerkosten genauso hoch wie die Gasrechnung ohne die CO2-Kosten. Schaut man auf niedrige Gaspreise von 6,5 Ct/kWh vor 2021 zurück, hatte der Musterhaushalt eine Gasrechnung von 1300 Euro/a. Aktuell liegt der Gaspreis ohne CO2-Preis bei etwa 8 Ct/kWh.

Damit die CO2-Bepreisung die gewünschte Wirkung – eine Verringerung der CO2-Emissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe – erzielen kann, sind aus heutiger Sicht steigende CO2-Preise (oder andere heute nicht absehbare Impulse) unumgänglich. Unklar ist jedoch, welche Preiskurve sich am Markt herausbilden wird.

Umstieg ist fast immer die beste Option

Wenn mit einem Zertifikatpreis von 275 bzw. 200 Euro/t die CO2-Kosten für eine Gas- oder Öl-Heizung die gleiche Größenordnung wie die gesamte Stromrechnung einer Wärmepumpen-Heizung erreicht, wird die Nachfrage vorhersehbar schon davor erheblich steigen und eine Herausforderung für die Einbaukapazität darstellen. Diesen Punkt sollte man nicht abwarten, denn bis dahin verschenkt man den schon heute vorhandenen Vorteil bei den Heizenergiekosten.

Und wenn die CO2-Preise gar nicht deutlich gegenüber 2025 steigen? Sofern dieser Zustand nicht politisch, etwa durch Preisobergrenzen oder zusätzliche Zertifikate, entgegen den politischen Zielen des Emissionshandels herbeigeführt wird, kann er eintreten, wenn der Absatz fossiler Kraft- und Brennstoffe kontinuierlich deutlich sinkt. Anzunehmen wären dann als Ursache erhebliche Vorteile durch einen Umstieg, gegebenenfalls inklusive Förderprogrammen. Wenn jedoch jedes Jahr sehr viele Haushalte umsteigen, wird das Verbleiben bei Erdgas oder Heizöl kaum die bessere Strategie sein. So oder so wird der gut vorbereitete Umstieg fast immer die bessere Option sein.

Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA+E Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de

Alle TGAkommentare finden Sie im TGAdossier TGA-Leitartikel

Im Kontext:
Warum die Dekarbonisierung von Gebäuden plötzlich einfach ist
Trotz sinkendem Heizungsabsatz: Die CO2-Minderung steigt