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Strompreispaket

BReg senkt Stromsteuer – nur für das produzierende Gewerbe

thomaslerchphoto – stock.adobe.com

Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner haben sich am 9. November 2023 auf zusätzliche Entlastungen für Unternehmen in Deutschland für die nächsten fünf Jahre verständigt.

Kaum eine Branche hat in den letzten Monaten nicht an die Ampel appelliert, die Stromsteuer zu senken. Auch die TGA+E-Branche, denn bei Endkunden verteuert die Stromsteuer elektrische Energie bei Endkunden aktuell um 2,05 Ct/kWh (netto) und erschwert so die Elektrifizierung von Wärme und Mobilität. Das europarechtliche Minimum der Stromsteuer beträgt für die Stromlieferung an Endverbraucher nur 0,1 Ct/kWh (netto). Der Stromverbrauch einer Wärmepumpe von 5800 kWh/a zur Beheizung eines Einfamilienhauses könnte so relativ einfach um 135 Euro/a (brutto) verbilligt werden. Eine Entlastung der Endverbraucher ist allerdings nicht Bestandteil des jetzt vereinbarten Strompreispakets.

Aus Sicht des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) ist die Stromsteuer eine „völlig aus der Zeit gefallene und für den Klimaschutz widersinnige generelle Belastung von Strom.“ Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung: „Die Stromsteuer wurde vor 25 Jahren eingeführt, als es noch kaum erneuerbare Energien und keinen CO2-Preis gab. Seit der differenzierten Belastung von Kohle- und Gasstrom durch den CO2-Emissionshandel ist die Stromsteuer ein Relikt aus früheren Zeiten.“

Details zur Einigung vom 9. November 2023

Von der nun angekündigten Strompreisentlastung werden insbesondere Unternehmen mit besonders stromintensiver Produktion profitieren, aber auch das produzierende Gewerbe wird entlastet. Die Absenkung der Stromsteuer soll für die Jahre 2024 und 2025 gesetzlich geregelt werden. Es besteht an der Spitze der Bundesregierung Einigkeit, dass die Absenkung weitere drei Jahre gelten soll, sofern für die Jahre 2026 bis 2028 eine Gegenfinanzierung im Bundeshaushalt dargestellt werden kann. Die Bundesregierung geht nun unverzüglich auf den Gesetzgeber zu, damit die Maßnahmen so schnell wie möglich beschlossen werden.

Das Strompreispaket besteht aus mehreren Teilen. Neben der schon beschlossenen Stabilisierung der Übertragungsnetzentgelte für das 1. Halbjahr 2024 soll die Stromsteuer für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes auf den Mindestwert, den die Europäische Union zulässt, gesenkt werden. Die Steuer wird durch eine Erhöhung des Entlastungsbetrages in § 9b Stromsteuergesetz von gegenwärtig 15,37 Euro/MWh bzw. 1,537 Ct/kWh auf 0,50 Euro/MWh bzw. 0,05 Ct/kWh herabgesetzt. In dieser Stromsteuersenkung geht der bisherige Spitzenausgleich auf und wird damit verstetigt. Davon profitieren nicht nur die Unternehmen, die bislang den Spitzenausgleich nutzen konnten, sondern alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes. Für die Unternehmen, die bislang den Spitzenausgleich geltend machen konnten, entfallen die Bürokratiekosten im Zuge des Spitzenausgleichs.

Die bestehenden Regelungen für die Strompreiskompensation im KTF, die für die rund 350 Unternehmen gelten, die am stärksten im internationalen Wettbewerb stehen, sollen für fünf Jahre verlängert und über den Wegfall des sogenannten Selbstbehalts noch ausgeweitet werden. Dies betrifft auch die bestehende Regelung zum „Super-Cap“, der für die rund 90 besonders stromintensiven Unternehmen gilt. Diese Entlastung soll ebenfalls für die nächsten fünf Jahre fortgeführt werden und durch den Entfall des Sockelbetrags ausgeweitet werden. Mit der Strompreiskompensation und dem „Super-Cap“ werden die Unternehmen von den Summen entlastet, die im Zusammenhang mit emissionshandelsbedingten indirekten CO2-Kosten entstehen.

Das Strompreispaket wirkt zusätzlich zu den bereits beschlossenen Energiepreisentlastungen für alle Bürger und für die Wirtschaft in ihrer gesamten Breite (Abschaffung der EEG-Umlage; neuerlicher Zuschuss zu den Netzentgelten 2024). Der Finanzierungsvorbehalt für die Jahre 2026 bis 2028 und die sonstige Kommunikation der Bundesregierung sprechen momentan nicht dafür, dass es kurzfristig auch eine Entlastung über eine Absenkung der Stromsteuer bei der Belieferung an Endverbraucher geben wird.

Stimmen aus der Branche

„Es wäre konsequenter, die Stromsteuer-Senkung nicht auf das produzierende Gewerbe zu beschränken“

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung: „Es ist gut, dass sich die Bundesregierung auf konkrete Entlastungen für die Industrie geeinigt hat. Die sehr deutliche Senkung der Stromsteuer ist ein konsequenter Schritt, ebenso die Verlängerung und Ausweitung der Strompreiskompensation und des so genannten Super-Cap für Unternehmen mit besonders hohem Energiebedarf. Das stützt energieintensive Unternehmen und ist ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland.

Es ist zudem eine sehr gute Nachricht, dass die Bundesregierung keine Eingriffe in die Energiepreisbildung vornimmt. Ein regulierter Industriestrompreis hätte die freie Preisbildung auf dem Markt beeinträchtigt und negative Auswirkungen auf den Stromgroßhandelsmarkt nach sich gezogen. Wir brauchen Preissignale aus dem Markt heraus für Investitionen in Energieeffizienz, in die Erneuerbaren, aber auch für die Transformationsprozesse in der Industrie.

Ein Wermutstropfen bleibt: Es wäre konsequenter gewesen, die Stromsteuer-Senkung nicht allein auf das produzierende Gewerbe zu beschränken. So würden auch umweltfreundliche Technologien wie beispielsweise die Elektromobilität wettbewerbsfähiger gegenüber fossilen Energieträgern wie Heizöl, Benzin oder Diesel.“

„Die Nutzung von zunehmend erneuerbar erzeugtem Strom gewinnt dadurch an Attraktivität“

Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung: „Es ist die richtige Entscheidung zur Konjunkturunterstützung und für Klimaschutz durch Elektrifizierung: Mit der Ankündigung, die Stromsteuer für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes auf EU-Mindestmaß zu senken, setzt die Bundesregierung dringende nötige Impulse für diese beiden wichtigen Ziele. So wird zum einen Energie für die Breite der Industrie endlich wieder etwas günstiger.

Die Nutzung von zunehmend erneuerbar erzeugtem Strom in den Unternehmen gewinnt dadurch zum anderen an Attraktivität gegenüber fossilen Brennstoffen und der Wandel zu einer elektrifizierten und dadurch CO2-armen und effizienten Energieversorgung erhält einen längst überfälligen Schub. Die generelle Absenkung der Stromsteuer für die gesamte Industrie reduziert zudem den bürokratischen Aufwand für produzierende KMU, große Industriebetriebe und die Finanzbehörden. Die Maßnahme stärkt so die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland.“

„Absenkung der Stromsteuer ist richtig, aber die Strompreiskompensation ist abzulehnen“

Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE): „Es ist richtig, dass die Bundesregierung die Industrie in der gegenwärtigen Situation entlastet. Die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß von 0,05 Ct/kWh ist zu begrüßen. Das kann dringend benötigte Impulse zur Elektrifizierung und Dekarbonisierung setzen. Der BEE fordert dies bereits seit Jahren als Entlastungshebel, zuletzt in seiner umfangreichen Studie zur Reform des Strommarktdesigns.

Neben dem produzierenden Gewerbe sollte die Senkung auf alle weiteren Verbraucher und Gewerbe ausgeweitet werden, um grüne Technologien – von Wärmepumpen bis Speicher – stärker wirtschaftlich anzureizen. Diese Technologien spielen für die Dekarbonisierung der Sektoren eine wichtige Rolle.

Die Fortsetzung der bestehenden Strompreiskompensation, mit der die Kosten für den Kauf von CO2-Zertifikaten ausgeglichen werden, ist abzulehnen. Fossiler Strombezug wird damit weiterhin subventioniert. Unternehmen, die sich bisher nicht für den Umstieg auf erneuerbare Energien engagiert haben, werden zusätzlich entlastet. Unternehmen, die den Umstieg auf Erneuerbare bereits vollzogen haben oder derzeit vollziehen, gehen leer aus. Das sendet ein völlig falsches Zeichen.“

„Keine Alternative zum bisher diskutierten Brücken- und Transformationsstrompreis“

Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) hat begrüßt, dass einige der bereits lange geforderten Maßnahmen im Strompreispaket enthalten sind, aber betont, dass das Paket keine Alternative zum bisher diskutierten Brücken- und Transformationsstrompreis darstelle.

Bedenken äußert der VIK insbesondere hinsichtlich des vorgesehenen Begünstigtenkreises der Strompreiskompensation. Wichtige Teile der industriellen Wertschöpfungsketten blieben außen vor und selbst für die begünstigten Unternehmen würden die Maßnahmen teilweise nur einen Erhalt des Status quo darstellen.

Der VIK hat die Politik aufgefordert, einen umfassenderen Ansatz zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland zu verfolgen. Von entscheidender Bedeutung seien eine deutliche Ausweitung des Begünstigtenkreises, längere Planungshorizonte über die aktuelle Legislaturperiode hinaus und die Erreichung eines langfristig international wettbewerbsfähigen Energiepreisniveaus.  ■
Quellen: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, BDEW, ZVEI, BEE, VIK / jv

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