Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Praxisnahe Untersuchungen zeigen, dass sich beispielsweise bestehende KNX-Busleitungen und Schaltdrähte unter Berücksichtigung spezifischer Messgrößen und Bedingungen für eine Weiterverwendung mit Single Pair Ethernet (SPE) eignen.
■ Diese Option trägt nicht nur zur Schonung von Ressourcen und einer Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks bei, sondern kann aufgrund des verringerten Aufwands für eine Modernisierung der Gebäudeautomation ein Schlüsselfaktor für ihre wirtschaftliche Umsetzung sein.

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Single Pair Ethernet (SPE) ermöglicht eine durchgängige Gerätekommunikation vom Sensor bis in die Cloud mit reduziertem Verkabelungsaufwand auch über lange Strecken. Bestehende Infrastrukturen der Gebäudeautomation lassen sich oft gut für SPE wiederverwenden.
Der Dachverband Profibus & Profinet International (PI) hat sich für ein einheitliches Steckgesicht für Single Pair Ethernet (SPE) entschieden. Diese Standardisierung erleichtert die Integration von SPE in bestehende Netzwerke. Sie reduziert Installations- und Wartungskosten und steigert langfristig die Effizienz. In der Gebäudetechnik ermöglicht SPE, Feldgeräte ohne Medienbrüche nahtlos einzubinden.
SPE erlaubt Leitungslängen von bis zu 1000 m und reduziert den Installationsaufwand sowie den Platzbedarf erheblich. Zudem unterstützt SPE die ressourcenschonende Daten- und Energieübertragung über ein einziges Adernpaar, was die Effizienz und Kosteneffektivität weiter steigert.
Im Gebäudebestand lohnt sich ein genauer Blick auf vorhandene Leitungen, um den ökologischen Fußabdruck über den gesamten Lebenszyklus gering zu halten. Bestehende Infrastrukturen der Gebäudeautomation lassen sich oft gut für SPE wiederverwenden, was die Notwendigkeit für umfangreiche Umbauten reduziert und die Modernisierungskosten erheblich senkt.

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Untersuchung typischer Verkabelungsstrukturen
Leitungen vom Typ J Y(ST)Y 2×2×0,8 werden zur Übertragung von Bussignalen und Messwerten genutzt und kommen in der HLK-Technik auch für Modbus- oder BACnet-Protokolle über die RS485-Schnittstelle zum Einsatz. Ein weiterer gängiger Leitungstyp ist der Schaltdraht YV 2×0,8/1,4, auch bekannt als Klingeldraht. Diese verdrillte Doppelader wird für Punkt-zu-Punkt-Verbindungen verwendet, bei denen keine hohen Leistungen oder Datenraten erforderlich sind.
Bei der Wiederverwendung bestehender Busleitungen können unbekannte Topologien vorliegen, die sich nur mit großem Aufwand zurückbauen lassen. In solchen Fällen bleiben die Installationen oft unberührt und der Übertragungsweg kann Stichleitungen unterschiedlicher Länge enthalten.
Messungen zur Eignung bestehender Verkabelungen für SPE
Praxisnahe Messungen an unterschiedlichen Verkabelungsstrukturen mit dem Feldmessgerät Fluke DSX 8000 und einem SPE-Messadapter haben gezeigt, dass bestehende Verkabelungen unter bestimmten Voraussetzungen für SPE nutzbar sind. Vergleichsmessungen mit dem vektoriellen Netzwerkanalysator (VNA) von Rohde&Schwarz bestätigten die Ergebnisse. Wichtige Messparameter und Ergebnisse sind:
Return Loss (RL):
● Je höher der RL, desto stärker werden Reflexionen gedämpft.
● Messungen an Leitungen von 10 m, 40 m, 100 m und 300 m Länge zeigten, dass die RL-Werte weitgehend oberhalb der geforderten Grenzwerte lagen.
Insertion Loss (IL):
● Eine hohe Dämpfung kann das Decodieren des Signals am Ende des Übertragungswegs verhindern.
● Bei Vollduplex-Datenübertragungen müssen Reflexionen klein genug sein, um das empfangene Signal von den Reflexionen zu unterscheiden.
Transverse Conversion Loss (TCL):
● Charakterisiert die Resilienz gegenüber elektromagnetischen Störungen.
● Erlaubt eine erste Einschätzung der Störanfälligkeit hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV).

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Untersuchung der Leitungsanordnung
Es wurden exemplarische Untersuchungen einer T-förmigen Leitungsanordnung durchgeführt. Von einer Stammleitung mit 40 m Länge zweigten nach 2 m Stichleitungen mit einmal 2 m und einmal 10 m ab. Messungen erfolgten vom Anfang der Stammleitung zum Ende der Stichleitung, wobei das Ende der Stammleitung einmal offen und einmal abgeschlossen war.
Kurze Leitungen (2 m Länge):
● Insertion Loss-Werte lagen deutlich unterhalb der normativen Grenzwerte.
● Return Loss zeigte bei abgeschlossener Stammleitung einen wellenförmigen Verlauf, der von 7,8 dB bis 12,5 dB anstieg.
Lange Leitungen (10 m Länge):
● Bei abgeschlossener Stichleitung zeigte sich ein Bandpassverhalten mit einem RL-Anstieg von 9,5 dB auf über 20 dB und einem Abfall auf 8,4 dB.
● Der RL erlaubt eine hinreichende Nutzbarkeit des Kanals für SPE.
Die Messungen zeigen, dass bestehende Verkabelungen unter bestimmten Voraussetzungen für SPE nutzbar sind. Die entscheidenden Messgrößen waren Return Loss (RL), Insertion Loss (IL) und Transverse Conversion Loss (TCL). Insgesamt erlauben die Ergebnisse eine hinreichende Nutzbarkeit der Kanäle für SPE.
Signalbasierte Untersuchungen
Die Messungen zeigten auch, dass ein Überschreiten der normativen Grenzwerte für SPE die Datenübertragung nicht zwingend verhindert. Hochwertige Komponenten ermöglichen längere Reichweiten und höhere Übertragungsraten, während minderwertige Komponenten kürzere Reichweiten und niedrigere Übertragungsraten erlauben.
Zur Ermittlung der maximalen Reichweiten für SPE mit KNX-Busleitung und Schaltdraht wurden zwei Evaluation-Boards mit PHYs vom Typ ADIN1100 verbunden. Diese messen das Signal-to-Noise Ratio (SNR) und den Slicer Maximum Absolute Error. Mit der KNX-Busleitung wurde eine Reichweite von 420 m erreicht (SNR: 30,1 dB, Slicer Error: 0,15). Der Schaltdraht erreichte 910 m (SNR: 27,6 dB, Slicer Error: 0,19), siehe Bild 2. Laut Hersteller liegt der SNR-Grenzwert für den ADIN1100 bei 20,5 dB, ab dem die Signalintegrität so schlecht wird, dass keine Kommunikation mehr möglich ist. Die Autonegotiation-Einstellung beeinflusste ebenfalls die Reichweite.
Zusätzlich wurden RL-, IL- und TCL-Werte für die maximale Reichweite der beiden Leitungstypen gemessen. Bei der KNX-Busleitung lagen die RL-Werte weitgehend oberhalb der geforderten Grenzwerte und beim Schaltdraht im gesamten Frequenzbereich bis 20 MHz, siehe Bild 3. Die IL-Werte lagen für beide Leitungen oberhalb der Grenzwerte, siehe Bild 4, während der TCL beim Schaltdraht weitgehend die Grenzwerte erfüllte, die KNX-Busleitung jedoch nicht.

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Fazit
Die Untersuchung zeigt, dass bestehende Leitungen in der Gebäudeautomation, wie KNX-Busleitungen und Schaltdraht, unter bestimmten Bedingungen für Single Pair Ethernet (SPE) wiederverwendet werden können. Beide Leitungstypen wurden erfolgreich auf ihre Eignung für SPE-Verbindungen getestet, wobei Messungen mit Feldmessgeräten und vektoriellen Netzwerkanalysatoren die Ergebnisse bestätigten. Die entscheidenden Messgrößen waren Return Loss (RL), Insertion Loss (IL) und Transverse Conversion Loss (TCL).
Die maximale Reichweite betrug 420 m für die KNX-Busleitung und 910 m für den Schaltdraht. Zudem wurde festgestellt, dass die Autonegotiation-Einstellung die Reichweite beeinflusst. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass bestehende Leitungen unter Berücksichtigung der spezifischen Messgrößen und Bedingungen effektiv für SPE genutzt werden können, was zur Schonung von Ressourcen und Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks beiträgt.
Hauptvorteile von SPE in der Gebäudetechnik
1. Nahtlose Integration und Effizienzsteigerung
● SPE ermöglicht die nahtlose Einbindung von Feldgeräten in das Gebäude-IoT ohne Medienbrüche.
● Leitungslängen bis zu 1000 m reduzieren den Installationsaufwand und den Platzbedarf erheblich.
● Ressourcenschonende Daten- und Energieübertragung über ein einziges Adernpaar steigert die Effizienz und Kosteneffektivität.
2. Kostenreduktion und Nachhaltigkeit
● Bestehende Infrastrukturen der Gebäudeautomation lassen sich oft gut für SPE wiederverwenden, was umfangreiche Umbauten reduziert.
● Die Wiederverwendung vorhandener Leitungen senkt die Modernisierungskosten und trägt zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks bei.
3. Standardisierung und Interoperabilität
● Die Standardisierung des Steckgesichts für SPE fördert die Interoperabilität und Marktdurchdringung.
● Erleichtert die Integration von SPE in bestehende Netzwerke und reduziert Installations- und Wartungskosten langfristig.
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