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Referenzprojekt perma-trade

Neues „Wasser­stoff­quartier“ in Esslin­gen ist nahezu klima­neutral

In einem neuen Quar­tier im süd­deut­schen Ess­lin­gen wird aus über­schüs­sigem Öko­strom vor Ort „grüner Wasser­stoff“ erzeugt und viel­fältig genutzt.

Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs ist in Esslingen am Neckar das Klimaquartier „Neue Weststadt“ entstanden – mit 480 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen sowie einem Neubau der Hochschule Esslingen.

Maximilian Kamps, Agentur Blumberg

Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs ist in Esslingen am Neckar das Klimaquartier „Neue Weststadt“ entstanden – mit 480 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen sowie einem Neubau der Hochschule Esslingen.

Mit der „Neuen Weststadt“ ist in Esslingen am Neckar Deutschlands erstes nahezu klimaneutrales Wasserstoffquartier entstanden. Hier wird aus überschüssigem Ökostrom vor Ort „grüner Wasserstoff“ erzeugt und für die Nutzung im Stadtviertel, in der Mobilität und der Industrie aufbereitet. Die bei der Wasserstoff-Erzeugung anfallende Abwärme aus dem Elektrolyseur gelangt über ein Nahwärmenetz ins Quartier und wird dort als Heizwärme genutzt.

Damit der dortige Heizkreislauf von Beginn an vor Korrosion geschützt und auf reibungslosen energieoptimierten Betrieb eingestellt ist, galt es, 65.000 l Anlagenwasser nach den Vorgaben der VDI-Richtlinie 2035 aufzubereiten. Eine Herausforderung, die von der Pethea Service GmbH im Auftrag der Green Hydrogen Esslingen GmbH erfolgreich umgesetzt wurde.

120.000 m2, 100 % klimaneutral, 85 t jährliche Wasserstoffproduktion – diese Zielvorgaben soll das neue Klimaquartier zukünftig erfüllen. Dafür haben die Stadt Esslingen und das Steinbeis Innovationszentrum (SIZ) Energieplus Stuttgart in Zusammenarbeit mit ihren Projektpartnern ein zukunftsorientiertes ganzheitliches Energiekonzept auf die Beine gestellt, das als nationales Leuchtturmprojekt vom BMWi und BMBF gefördert wird.

Früher Güterbahnhof – heute „Wasserstoff-Umschlagplatz“

Auf dem Areal des alten Güterbahnhofs wurden in der „Neuen Weststadt“ 5 Gebäudekomplexe im KfW-55-Effizienzstandard errichtet, die 480 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen sowie einen Neubau der Hochschule Esslingen umfassen. Über PV-Anlagen auf den Dachflächen und Blockheizkraftwerke werden die dortigen Mieter mit Strom versorgt. Alles, was davon nicht direkt im Quartier genutzt wird, sowie weiterer überschüssiger erneuerbarer Strom aus lokaler und überregionaler Erzeugung, wandern direkt in einen Elektrolyseur. Mit einer Leistung von 1 MWel ist er das Herzstück der Energie- und Technikzentrale des Quartiers und erzeugt mit Power-to-Gas-to-Power-Technologie (P2G2P) „grünen Wasserstoff“.

Vereinfacht ausgedrückt, wird dabei Wasser mithilfe von Strom durch Elektrolyse in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Wasserstoff gilt als Schlüsseltechnologie der Energiewende: Er erzeugt bei seiner Verbrennung keine schädlichen CO2-Emissionen und lässt sich zudem in großen Mengen erzeugen, transportieren und vor allem: Speichern. Dazu wurde im Klimaquartier ein eigener Wasserstofftank eingebaut, sodass der hier erzeugte Wasserstoff zwischengelagert werden kann. Bis zu 85 t Wasserstoff sollen im Klimaquartier Esslingen künftig hergestellt werden. Das entspricht dem Jahresstromverbrauch von 726 Drei-Personen-Haushalten oder 280.000 l Öl.

Strom, Wärme, Kälte und Mobilität koppeln

In der „Neuen Weststadt“ Esslingen wird ein ganzheitliches Konzept dieser Art erstmals im städtischen Kontext umgesetzt und soll nicht nur eine hohe erneuerbare Eigenversorgung sichern, sondern auch die Gesamteffizienz des Energiesystems steigern. Wird etwa Strom im Stadtquartier benötigt, lässt sich der Wasserstoff klimaneutral in Blockheizkraftwerken schnell und einfach rückverstromen. Zur saisonalen Langzeitspeicherung und Dekarbonisierung des Gassektors wird der produzierte Wasserstoff zusätzlich in das Erdgasnetz der Stadt eingespeist. Darüber hinaus soll er für die Nutzung in Industrie und Mobilität außerhalb des Quartiers bereitgestellt werden. Hierzu sind die Errichtung einer H2-Abfüllstation, einer H2-Tankstelle und einer Gasnetz-Einspeisestation im Quartier geplant.

Im November 2020 wurde der H2-Speicher im Quartier angeliefert und eingebaut. Hier kann der Wasserstoff bis zu seiner weiteren Verwendung zwischengelagert werden.

Maximilian Kamps, Agentur Blumberg

Im November 2020 wurde der H2-Speicher im Quartier angeliefert und eingebaut. Hier kann der Wasserstoff bis zu seiner weiteren Verwendung zwischengelagert werden.

Auch für die Wärmeversorgung des Quartiers ist gesorgt: Beim Elektrolyseprozess entsteht neben Wasserstoff auch eine erhebliche Menge an Abwärme. Diese wird ebenfalls direkt weiterverwendet und in ein Nahwärmenetz eingespeist, das den Bedarf an Heizung und Warmwasser der Gebäude deckt. Für ganzjährig optimales Wohnklima kann durch das Einbinden von Adsorptionskälte-Anlagen im Sommer auch Kühlenergie bereit gestellt werden.

Zur Wärmeversorgung hat jedes Gebäude zusätzlich einen Spitzenlastkessel sowie ein Blockheizkraftwerk erhalten, die mit 100 % Ökogas betrieben werden. Damit in diesem Wärmekreislauf von Anfang an ein energieffizienter und reibungsloser Betrieb gesichert ist, galt es, die Anlagenwasserqualität nach den Vorgaben der VDI-Richtlinie 2035 einzustellen. Die Green Hydrogen Esslingen GmbH holte sich dafür die Pethea Service GmbH ins Boot.

permaLine-Teilstromverfahren einsetzen

Als hauseigener Werkskundendienst der perma-trade Wassertechnik GmbH ist das Pethea-Team mit Großanlagen-Projekten dieser Art sowie der fachgerechten Befüllung und Aufbereitung großer und komplex verzweigter Heiz- und Kühlanlagen – nach den Vorgaben der VDI-Richtlinien 2035/6044 und AGFW FW 510 – bestens vertraut. Das Expertenteam bietet alle Leistungen rund um die Anlagenwasseraufbereitung aus einer Hand – von der Beratung bis hin zur Einbindung hochwertiger und speziell angepasster Produktlösungen von perma-trade.

So steht mit dem von perma-trade „tragbar gemachten“ und von der VDI-Richtlinie 2035 zur Heizungswasseraufbereitung empfohlenen permaLine-Teilstromverfahren eine einfache und praktikable Lösung bereit, die das Anlagenwasser im laufenden Betrieb sicher nach den Vorgaben der VDI-Richtlinie 2035 aufbereitet. Dabei können mit einem System alle wesentlichen Schadensverursacher in Heizsystemen – Salze, Säuren und Sauerstoff – unschädlich gemacht werden.

Für besonders große Herausforderungen wie im Klimaquartier Esslingen hat perma-trade diese Lösung auch in einer speziell angepassten XXL-Variante umgesetzt. Diese verfügt etwa über extragroße Tiefenfilter und eine besonders leistungsstarke Pumpe und ist dadurch optimal auf die Aufbereitung großer Anlagenvolumina eingestellt.

Wasseraufbereitung in mehreren Projektphasen

Die Wasserprobe vor Ort ergab vor der Aufbereitung eine Gesamthärte von 3 °dH, eine elektrische Leitfähigkeit von 250 µS/cm und einen pH-Wert von 6,5. Um diese Wasserparameter nach den Vorgaben der VDI-Richtlinie 2035 optimal einzustellen, wurden 2023 in einer ersten Projektphase zunächst die bereits zugänglichen Teile des Systemwassers in Pufferspeicher und Verteilernetz aufbereitet, was einem Aufbereitungsvolumen von ca. 50 m3 entsprach. Dafür wurde das mobile permaLine „XXL-Gerät“ einfach in den Heizkreislauf eingebunden. Nach Durchströmung des integrierten feinporigen Tiefenfilters mit 1 µm, der selbst kleinste Partikel von Trübstoffen, wie Magnetit, entfernt, wurde das Anlagenwasser über die angeschlossene permasoft-Einheit entsalzt.

Alle Dächer sind mit PV-Modulen bestückt und beliefern das Quartier mit erneuerbarem Solarstrom. Überschüssiger Strom wandert direkt in den Elektrolyseur und wird zur Wasserstoffproduktion eingesetzt.

Maximilian Kamps, Agentur Blumberg

Alle Dächer sind mit PV-Modulen bestückt und beliefern das Quartier mit erneuerbarem Solarstrom. Überschüssiger Strom wandert direkt in den Elektrolyseur und wird zur Wasserstoffproduktion eingesetzt.

In einer zweiten Projektphase widmete sich Pethea der Aufbereitung der Flächenheizkreise der jeweiligen Wohneinheiten. Dafür galt es zunächst, den ersten Kälteeinbruch abzuwarten, da die noch ausstehenden 15 m3 Anlagenwasser aus den Flächenheizkreisen der Wohneinheiten erst im laufenden Heizbetrieb zugänglich gemacht werden konnten. In dieser Projektphase konnte wiederum das neu eingebaute permaLine integral-Gerät seine Produktvorteile voll ausspielen.

Dauerhaft auf sicheren Anlagenbetrieb eingestellt

Um die Anlagenwasserqualität im Klimaquartier konstant auf dem gewünschten Niveau halten zu können, wurde nach der ersten Aufbereitungsphase mit dem mobilen permaLine XXL zudem ein permaLine integral-Gerät fest installiert. Dieses überprüft in regelmäßigen Intervallen die elektrische Leitfähigkeit des Anlagenwassers und schaltet im Bedarfsfall automatisch die Entsalzung zu, um das Anlagenwasser wieder entsprechend aufzubereiten. Da es im Klimaquartier mit einem großen Aufwand verbunden gewesen wäre, die Heizkreise der Fußbodenheizungen zur weiteren Aufbereitung in hunderten Wohneinheiten sukzessive manuell zu öffnen, konnte dies dank permaLine integral einfach kontinuierlich im laufenden Heizbetrieb umgesetzt werden.

In Summe kamen für die beiden Aufbereitungsphasen der gut 65.000 l Anlagenwasser im Klimaquartier drei PT-PS 100.000 E-Aufbereitungseinheiten sowie fünf Stück vom Typ PT-PS 28.000 zur Entsalzung zum Einsatz.

Im letzten Projektabschnitt konnte Anfang 2024 dann der Regelbetrieb eingeleitet werden und nach 10 Wochen eine letzte pH-Wert Kontrolle erfolgen. Die finalen Wasserwerte ergaben bei der abschließenden Messung am 20.03.2024 eine elektrische Leitfähigkeit von 40 µS/cm, einen pH-Wert von 8,4 (Heizkreis enthält Alukomponenten), sowie eine Gesamthärte von 0,6 °dH – und lagen damit im VDI-konformen Bereich.

Sauerstoffkorrosion verhindern

Ein besonderer Vorteil des permaLine-Verfahrens liegt darin, dass es mit unterschiedlichen Anwendungen kombiniert werden kann. Um die Anlagen im Klimaquartier von Anfang an umfassend vor Korrosionsrisiken sowie Magnetitschlamm zu schützen, wurde hier über das fest installierte permaLine integral-Gerät auch gleich eine kontinuierliche Sauerstoffzehrung mit eingebunden. Sauerstoff gilt als Korrosionstreiber Nr. 1 und sollte daher idealerweise aus dem Anlagenwasser herausgehalten werden. Mit der Sauerstoffzehrpatrone OxRed hat perma-trade dafür eine praktische Lösung entwickelt: In Kombination mit permaLine integral filtert sie Sauerstoff aus dem System, sodass Sauerstoffkorrosion und der Bildung von Magnetitschlamm wirksam vorgebeugt werden kann.

Ein weiterer Vorteil: Im Vergleich zu einer konventionellen Dosierung mit Sauerstoffbindemittel, kommt es mit OxRed zu keinerlei Aufsalzung des Anlagenwassers, was wiederum im Sinne des von der VDI-Richtlinie 2035 vorgegebenen Minimierungsprinzips ist. Die Leitfähigkeit des Anlagenwassers erhöht sich dabei nicht, ebenso wenig die Wahrscheinlichkeit für mikrobiell beeinflusste Korrosionsvorgänge, da kein Sulfat eingetragen wird.

Eine dauerhaft optimale Anlagenwasserqualität – und ein prima Klima in den Gebäuden des Klimaquartiers – sind somit auch in Zukunft sichergestellt.

Umweltfreundliche Lösung mit Recycling-System

Passend zur nachhaltigen Philosophie des Klimaquartiers haben sich die Verantwortlichen auch im Bereich der Anlagenwasseraufbereitung für die Zusammenarbeit mit Pethea und perma-trade entschieden. Nicht nur die Expertise des Leonberger Unternehmens überzeugte dabei, sondern auch der Nachhaltigkeitsanspruch. Dazu gehört beispielsweise, dass die Komponenten für perma-trade-Produkte in erster Linie aus Deutschland kommen, ein Großteil davon wird in Zusammenarbeit mit der Atrio Werkstatt für Menschen mit Behinderung produziert. Mit dem permaLine-Teilstromverfahren hat perma-trade zudem einen Beitrag zur Ressorcenschonung geleistet und einen eigenen Recyclingprozess implementiert. Dank diesem landet das bei der Anlagenwasseraufbereitung eingesetzte Spezialharz nach Gebrauch nicht im Müll, sondern kann wieder aufbereitet und nochmals verwendet werden. Das erspart der Umwelt jährlich mehrere Hundert Tonnen an Kunststoffmüll. ■
Quelle: perma-trade / ml