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Dekarbonisierung

Heizungswende: der Schlüssel­faktor für den Gebäudesektor

In welchem Um­fang trägt die aktu­elle Heizungs­moder­ni­sie­rung zum jähr­lichen Min­derungs­ziel für den Ge­bäude­sek­tor bei? Wie groß wäre der Beitrag beim Errei­chen des Wärme­pumpen-Zubauziels?

Die Dekarbonisierung des Gebäudesektors wird oft als Königsdisziplin bezeichnet. Für den Energieverbrauch maßgebliche Bauteile und Anlagentechnik sind zumeist für eine Nutzungsdauer mehrerer Jahrzehnte ausgelegt – mit entsprechenden Modernisierungszyklen. Das bedeutet: Jede Gelegenheit sollte vorausschauend genutzt werden, denn bis 2030 sieht das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) eine Minderung der zulässigen Jahresemissionsmenge um jeweils 5 Mio. t CO2-Äquivalent pro Jahr vor. Wichtig: Da die Schrittweite konstant bleibt, steigt jedes Jahr die prozentuale Minderung, im Jahr 2025 liegt sie bei 5,2 % gegenüber dem Vorjahr.

JV

Anteil der Heizungsmodernisierung

In der Grafik entspricht das jährliche Minderungsziel durch alle Maßnahmen der dunkel gestrichelt umrandeten Fläche. Zielvorgaben für einzelne Maßnahmen gibt es nicht, alle Maßnahmen und Entwicklungen zahlen ein, bzw. müssen zusätzliche Lasten, etwa aus dem Neubau, gemeinsam kompensieren.

Dennoch wird für einen Überblick zur Wirkung der Heizungsmodernisierung diese in der Grafik im unteren Bereich separat visualisiert. Aufgrund der dynamischen Entwicklung im Heizungsmarkt wird der Mittelwert für die abgesetzten Wärmeerzeuger in den Jahren 2022 bis 2024 verwendet, bereinigt um die Installationen im Neubau.

Mit den Kennwerten, die der Kurzanalyse „Einsparungen an THG-Emissionen durch Austausch von Wärmeerzeugern im Jahr 2024“ des ITG Dresden für den BDH für den Bilanzraum des KSG zugrunde liegen, ergibt sich jeweils eine rechnerisch abgeschätzte KSG-Minderungsleistung im Gebäudesektor für Öl- und Gas-Heizkessel, Biomasse-Heizkessel und Heizungs-Wärmepumpen (insgesamt 910.000 Wärmeerzeuger pro Jahr) – jeweils als farbige Teilfläche des Minderungsziels.

Einordnung

Zu erkennen ist: Die Heizungswende mit Biomasse-Heizkesseln und Heizungs-Wärmepumpen trägt bei einem Anteil von gut 27 % über 64 % von der KSG-Dekarbonisierungsleistung aller Heizungserneuerungen. Wird hier der Hebel angesetzt, ist der Minderungszielpfad viel einfacher zu erreichen.

Aus der Größe der blauen Farbfläche für die zugrunde liegenden 200.000 Heizungs-Wärmepumpen lässt sich die Bedeutung des Wärmepumpenhochlaufs auf mindestens 500.000 neu installierte Heizungs-Wärmepumpen pro Jahr erkennen: lösen 440.000 Wärmepumpen alte Gas- und Öl-Heizungen im aktuellen Bestand ab, deckt das über die Hälfte vom gesamten Minderungspfad ab (blau gestrichelte Fläche). Wichtig: In der Gesamtbilanz aller Sektoren kommt die Wirkung nur voll zum Tragen, wenn die Stromversorgung wie geplant auf erneuerbare Energien umgestellt wird (siehe Anmerkung 1), auch die gesicherte Erzeugungsleistung muss Schritt halten. Biomasse-Heizungen haben einen ähnlich langen Hebel, jedoch ist das realistische Zubaupotenzial viel kleiner.

Die 1:1-Erneuerung von Öl- und Gas-Heizungen hat über eine bessere Brennstoffausnutzung nur eine begrenzte Wirkung und erfordert nachfolgend weitere Maßnahmen auf dem Zielpfad.

Der wesentliche Handlungsspielraum und Erfolgsfaktor der Politik für das Erreichen des Minderungspfads für den Gebäudesektor ist: Wärme elektrifizieren.

Hinweise zur Bilanzierung und zur Option „grüne Gase“

Anmerkung 1: Im KSG-Bilanzraum werden nur die CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Brennstoffen in Haushalten sowie Handel und Behörden sowie „sonstige Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verbrennung von Brennstoffen (insbesondere in militärischen Einrichtungen)“ erfasst. Bei den Brennstoffen handelt es sich fast ausschließlich um den fossilen Anteil von Erdgas, Flüssiggas (LPG) und Heizöl. Fernwärme und Stromerzeugung (auch Wärmepumpenstrom) sind dem Sektor Energiewirtschaft zugeordnet. Hier werden beispielsweise auch flüchtige Emissionen aus Brennstoffen und Emissionen durch den Pipelinetransport bilanziert, die Netzeinspeisung gebäudenaher Photovoltaik wirkt sich potenziell emissionsmindernd aus. Die Anwendung des Quellenprinzips ist international üblich und Standard der Europäischen Klimaberichterstattungsverordnung.

Anmerkung 2: Und das Potenzial „grüner“ Brennstoffe zur heiztechnikkompatiblen Substitution von Erdgas? Lenkt man die 2024 bei hoher Auslastung der Aufbereitungskapazität in das Erdgasnetz eingespeiste Menge an Biomethan vollständig und dauerhaft um, würde sich in der KSG-Bilanz für den Gebäudesektor eine Minderung um 2,0 Mio. t/a ergeben (und dann an anderer Stelle fehlen). Die aktuell verfügbare Kapazität würde also etwa 5 von 228 Monaten des Dekarbonisierungspfads abdecken. ■
Quellen: KSG, ITG-Dresden-Studie, BDH, BWP, Amtliche Statistik der Baufertigstellungen; eigene Berechnungen / jv

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