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Heizungswende

Stilllegung von Gasnetzen: neue Gas-Heizung ein Kostenrisiko

finecki – stock.adobe.com

Mit der geplanten Ankündigungs­frist für die Stilllegung von Gasleitungen bzw. -anschlüssen verliert die Gas-Heizung ihren größten Vorteil der geringen Investitions­kosten pro kWh Nutzwärme.

Bezogen auf die Einbaukosten ist eine Gas-Heizung bei vorhandenem Netzanschluss fast immer günstiger als eine Öl-, Biomasse- oder Wärmepumpen-Heizung. Bei den Energiekosten sortiert sich das schon neu, bei einem künftig steigenden CO2-Preis und bei einem steigenden Gas-Netzentgelt ebenfalls. Auch das Konzept Grüngas-Quote dürfte den Gaspreis treiben.

Wer vor 20 Jahren seine Gas-Heizung erneuert hat, wird dafür etwa 5500 Euro bezahlt haben. Bei einer kalkulatorischen Nutzungsdauer von 20 Jahren konnte man eingesetztes Eigenkapital ohne Verzinsung mit einem Betrag von 275 Euro pro Jahr wieder auffüllen. Bei einer Nutzwärmebereitstellung von 18.000 kWh pro Jahr in einem für den Erneuerungsfall typischen Einfamilienhaus entspricht dies umgelegten Investitionskosten von 1,53 Ct/kWh Nutzwärme.

Wer in den nächsten Monaten eine Gas-Heizung 1:1 erneuert, müsste im Einfamilienhaus inzwischen mit doppelt so hohen Investitionskosten von 11.000 Euro rechnen. Bei einer Perspektive von 20 Jahren Nutzungsdauer wären auch umgelegte Investitionskosten von 3,06 Ct/kWh Nutzwärme günstig.

„Ewigkeitsvermutung für Gasversorgung gilt nicht mehr“

Was das Bild künftig stört: 20 Jahre Nutzungsdauer sind keine sichere Annahme mehr. Nach aktuellem Stand endet in 19 Jahren mit dem Jahreswechsel 2044/45 die Nutzung fossiler Brennstoffe. Ein Jahr weniger ist nicht relevant und technisch ist auch die Umstellung auf Biomethan oder synthetische erzeugtes Methan unproblematisch. Aber die breite Verfügbarkeit ist unklar. Mit technischen Änderungen ist auch Wasserstoff für Gas-Heizungen eine prinzipielle Option, jedoch ist auch die Verfügbarkeit von Wasserstoff insgesamt und insbesondere an der Grundstücksgrenze unklar.

Die Konsequenz bringt der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) so auf den Punkt: „Dies hat zur Folge, dass die bisher bestehende Ewigkeitsvermutung für die Versorgung der Bevölkerung mit Gas so nicht mehr gilt.“

Die rechtlichen auch von der EU geforderten Rahmenbedingungen für den Gasnetzrückbau bzw. Stilllegungen gehen nach einer Konsultation von Länder- und Verbändeanhörung demnächst in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren. Laut Referentenentwurf soll eine Stilllegung von Gasleitungen nach einer Ankündigungsfrist von 10 Jahren möglich sein, der VKU und andere Institutionen fordern eine kürzere Frist von 5 Jahren.

Ankündigungsfristen ändern die Spielregeln

Muss der Betreiber einer alten Gas-Heizung künftig davon ausgehen, dass seine Brennstoffversorgung nur noch 10 und der sogar nur 5 Jahre sichergestellt ist, ist die 1:1-Erneuerung ein Kostenrisiko. Aus heutiger Sicht wird das Gesetz erst Mitte 2026 wirksam in Kraft treten und erste Stilllegungsankündigungen sind dann erst in einem Jahr realistisch.

Wer heute eine Gas-Heizung erneuert, müsste dann von 11 Jahren Mindestnutzungszeit ausgehen. Für das oben verwendete Beispiel bedeutet dies dann beim schnellen Eintreten einer Stilllegungsankündigung umgelegte Investitionskosten von 5,56 Ct/kWh Nutzwärme. Setzt sich im Bundestag eine Ankündigungsfrist von 5 Jahren durch, ergeben sich für 6 Jahre Mindestnutzungszeit beim Eintreten einer Stilllegungsankündigung umgelegte Investitionskosten von 10,19 Ct/kWh Nutzwärme. Dazu kommen dann noch die Kosten für das Gas, für Wartung und Schornsteinfeger und für Hilfsenergie. „Günstig“ trifft schon bei 11 Jahren Nutzungszeit nicht mehr zu, bei 6 Jahren Nutzungszeit wäre eine neue Gas-Heizung fast immer eine Fehlinvestition.

Oben: Auf die bereitgestellte Nutzwärme umgelegte Investitionskosten für eine Gas-Heizung für eine bisher erwartet 21 bis 26 Jahre Nutzungsdauer und für eine durch externe Ereignisse auf 16, 11 und 6 Jahre verkürzte Nutzungsdauer sowie für eine über die BEG EM mit 55 % geförderte Heizungs-Wärmepumpe bei einer kalkulatorischen Nutzungsdauer von 18 Jahren (hier: Eigenanteil der Investitionskosten nach Förderung). Unten: Lineare Kostenfunktionen für die Heizsysteme in Abhängigkeit von der bereitgestellten Nutzwärme.

JV

Oben: Auf die bereitgestellte Nutzwärme umgelegte Investitionskosten für eine Gas-Heizung für eine bisher erwartet 21 bis 26 Jahre Nutzungsdauer und für eine durch externe Ereignisse auf 16, 11 und 6 Jahre verkürzte Nutzungsdauer sowie für eine über die BEG EM mit 55 % geförderte Heizungs-Wärmepumpe bei einer kalkulatorischen Nutzungsdauer von 18 Jahren (hier: Eigenanteil der Investitionskosten nach Förderung).
Unten: Lineare Kostenfunktionen für die Heizsysteme in Abhängigkeit von der bereitgestellten Nutzwärme.

Die Grafik veranschaulich dies für einen größeren Einsatzbereich, konsistent mit dem verwendeten Beispiel und einer Preisfunktion für die 1:1-Erneuerung einer Gas-Heizung: Linear ansteigend mit 7100 Euro für eine Nutzwärmebereitstellung von 5000 kWh/a (Etagenheizung) bis 14.600 Euro für eine Nutzwärmebereitstellung von 30.000 kWh/a (größeres Ein- oder Zweifamilienhaus, unsaniert). Zum Vergleich für den Umstieg auf eine Wärmepumpe wird eine lineare Kostenfunktion von 20.000 bis 35.000 Euro verwendet.

Es zeigt sich, dass die Wärmepumpenkurve (bei einer Heizungsförderung von 55 % für maximal 30.000 Euro) und einer Umlage des Eigenkapitaleinsatzes auf 18 Jahre kalkulatorische Nutzungsdauer im mittleren Bereich mit hoher (potenzieller) Fallzahl mit der Gas-Heizung bei 16 Jahren Nutzungsdauer zusammenfällt. Da die Betriebskosten einer Wärmepumpe bei typischen Bedingungen niedriger sind, wäre die Wärmepumpe wirtschaftlicher. Verkürzt sich die Nutzungsdauer der Gas-Heizung, steigt der Gesamtkostenvorteil der Wärmepumpe.

Mit dem geplanten Rahmen für die Stilllegung von Gasleitungen mit Ankündigungsfrist ist die Investition in eine neue Gas-Heizung mit einem hohen finanziellen Risiko verbunden, wenngleich nicht davon auszugehen ist, dass Stilllegungsankündigungen sofort zum „Normalfall“ werden. Aber allein die latente Gefahr für das eigene Grundstück, wird bei einer anstehenden Heizungsmodernisierung zu einem höheren Anteil an Umstiegen führen und so den Gasausstieg noch befeuern. Dass ein Ende der Gasversorgung überregional Schlagzeilen macht, hat sich für Mannheim gezeigt. Die Umstellung auf Flüssiggas bei gekündigtem Gasanschluss ist zwar technisch relativ einfach, jedoch existieren hier ähnliche Beschränkungen bei der Umstellung auf nichtfossile Brennstoffe wie bei Erdgas.

Nur wenn es als Gegenstück zur Stilllegungsankündigung eine Versorgungsgarantie mit Gas (zu günstigen Konditionen) gibt, bleibt die Gas-Heizung im Rennen. Ohne diese ändern sich die Spielregeln sehr deutlich zugunsten anderer Heizsysteme. Auf die früheren Spielregeln, in der Grafik in Grau dargestellt, kann man nur mit Risiko wetten – und wird schon aufgrund vermutlich steigender Brennstoffkosten kaum gewinnen können.

Hintergrund: Gesetzlicher Rahmen für den Gasausstieg

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) hat im November 2025 einen Referentenentwurf für eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes, mit dem die Bundesregierung die EU-Gas- und Wasserstoff-Binnenmarktpakete umsetzen will, in die Länder- und Verbändeanhörung gegeben.

Der Referentenentwurf sieht keine Pflicht zur Stilllegung oder zum Rückbau von Gasnetzen vor. Er regelt aber ein geordnetes Verfahren für die Netzplanung auf regionaler und lokaler Ebene: Sollte die Gasnachfrage in den Kommunen oder Regionen in Zukunft stark sinken, können Gasleitungen perspektivisch umgenutzt oder stillgelegt werden. Eine Stilllegung soll nach einer Ankündigungsfrist von zehn Jahren möglich sein. Der VKU kritisiert, dass diese Frist angesichts der in vielen Kommunen bereits fortgeschrittenen, kommunizierten und politisch gewollten Planungen im Einzelfall zu lang und eine Informationsfrist von nur 5 Jahren sinnvoller sei. Welche Frist am Ende des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens gilt, ist vorerst offen, die Konsequenzen aber eindeutig … ■
Quelle: BMWE; eigene Berechnungen / jv

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