Der „Boom“ bei Gas- und Öl-Heizungen im Jahr 2023 löste gleichzeitig Empörung sowie Häme über eine „gescheiterten Heizungswende“ aus. Die Realität zeichnet für den Heizungsbestand ein anderes Bild. Die Erzählung „mehr Gas- und Öl-Heizungen abgesetzt bedeutet, mehr Menschen heizen (wieder) mit Gas und Öl“ ist vor allem: falsch.
Im Gebäude- und Heizungsbestand gibt es zahlreiche Bewegungen: Es werden der Brennstoff oder der Energieträger gewechselt, es wird das Heizsystem umgestellt, es wird erneuert, zugebaut, abgerissen, zentralisiert, dezentralisiert, hybridisiert oder auch wieder reduziert. Da es keine vollständige Erfassung dieser Bewegungen und Entwicklungen gibt, können pauschale Schlussfolgerungen zu einzelnen Bilanzen verzerren.
So zeigt beispielsweise die Absatzstatistik der Heizungsindustrie für das Jahr 2023 einen Absatzrekord von 790.500 Gas-Heizungen, die jährliche Erhebung des Schornsteinfegerhandwerks (ZIV) dokumentiert hingegen, dass der Bestand an wasserführenden Gas-Heizungen um 80.000 gesunken ist. Eine Jahresbilanz mit negativem Vorzeichen ist bis heute ein Novum. Neu eingebaute Gas-Heizungen haben 2023 insbesondere alte Gas-Heizungen und alte Öl-Heizungen ersetzt. Gleichzeitig wurden alte Gas-Heizungen durch Wärmepumpen- und Biomasse-Heizungen und leitungsgebundene Wärme verdrängt.

JV
Der Bestand an Öl-Heizung schwindet
Noch weiter liegen Erzählung und Realität bei Öl-Heizungen auseinander. Der Absatz im Jahr 2023 markiert mit 112.500 den Höchstwert seit 14 Jahren, dennoch ist der Bestand an Öl-Heizungen in der Schornsteinfeger-Erhebung um 117.000 gesunken. Richtig ist jedoch: In den Jahren 2019 und 2020 war der Schwund etwas höher.
Von Anfang 2019 bis Ende 2024 hat sich der Bestand um 12,5 % bzw. 691.000 Öl-Heizungen verringert, obwohl rund 390.000 Öl-Heizungen neu eingebaut (abgesetzt) worden sind.
Ein Vergleich über jeweils 3 Jahre
Die verkürzte Legislatur der Ampel-Koalition war heizungstechnisch mit Energiekrise, GEG-Novelle und Wärmepumpenziel „ereignisreich“ und wird oft negativ oder als erfolglos abgestempelt. Aber auch für den Zeitraum 2022 bis 2024 ergibt sich gegenüber 2019 bis 2021 ein anderes Bild (Grafik): Die Erosion bei Öl-Heizungen war zuletzt etwas größer und bei Gas-Heizungen erstmals knapp negativ und in den letzten drei Jahren wurden entgegen der allgemeinen Wahrnehmung sogar etwas weniger Gas-Heizungen als im Vergleichszeitraum abgesetzt.
Einen Teil der Entwicklung trägt allerdings ein Trend, der schon 2017 bei den Baufertigstellungen eingesetzt hat: Der Marktanteil der Gas-Heizung ist stark rückläufig. 2023 und 2024 wurde dies durch eine geringere Bautätigkeit verstärkt. Bis etwa 2020 überwog der Zubau aus der Neubautätigkeit den „Verlust“ an Gas- und Öl-Heizungen im Bestand.
Wenn man für den Stand der Wärmewende die Anzahl betriebsbereiter Öl- und Gas-Heizungen (der richtige Maßstab ist ihr gemeinsamer Umsatz an fossilen Energieträgern) als Indikator nimmt, ist der Weg aber noch sehr weit:
Für 2024 weist die Schornsteinfeger-Erhebung 4,83 Mio. Öl-Heizkessel und 13,94 Mio. Gas-Heizkessel aus. Zusammen betrachtet waren es 18,77 Mio. Gas- und Öl-Heizkessel, 73.000 weniger als im Vorjahr. Der Scheitelpunkt von 19,24 Mio. Gas- und Öl-Heizkesseln liegt im Jahr 2020. Die größte Schrumpfung von 197.000 Gas- und Öl-Heizkesseln trat ausgerechnet in ihrem „Boom-Jahr“ 2023 auf. ■
Quellen: ZIV-Erhebungen; BDH; eigene Berechnungen / jv
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