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Es ist nur Mathematik. Aber das Ergebnis dürfte überraschen: Der CO2-Preis ab dem die CO2-Kosten einer Gas- oder Öl-Heizung höher als die Stromkosten nach dem Umstieg auf eine Wärmepumpe sind.
Der Europäische Emissionshandel (EU-ETS II) für Kraft- und Brennstoffe zur Verwendung in Gebäuden und im Straßenverkehr startet voraussichtlich Anfang 2027. Doch schon heute wird er regelmäßig mit hohen Zertifikatpreisen von 150…300 €/t und mehr bereits nach wenigen Jahren oder sogar unmittelbar nach dem Start in Verbindung gebracht. 2025 gilt für Deutschland ein nationaler CO2-Festpreis von 55 Euro/t.
Ein Zertifikat berechtigt Brennstoffhändler die Menge an fossilen Kraft- und Brennstoffen auf den Markt zu bringen, die bei der Verbrennung 1 t an CO2-Emissionen freisetzt. Zertifikatpreis und CO2-Preis sind somit identisch und jeweils netto. Denn als Bestandteil der Gas- und Heizölpreise wird für die CO2-Kosten auch die Umsatzsteuer fällig. In der Kommunikation werden hingegen fast ausschließlich Netto-CO2-Preise verwendet.
Wann welches Preisniveau im Rahmen der vorhandenen Mechanismen zur Preisstabilisierung und gegebenenfalls zusätzlicher politischer Maßnahmen im ETS II erreicht wird, ist jedoch völlig unklar. Beispielsweise können Förderprogramme dämpfend wirken, Veränderungen im Endkunden-Preisgefüge von Strom zu Erdgas und Heizöl / Diesel / Benzin können die Transformation beschleunigen oder bremsen.
Ein CO2-Preis für die ganze EU
Sofern hohe CO2-Preise aus Studien zitiert werden, handelt es sich zumeist nicht um eine explizite Prognose, sondern um Preise, bei denen die tatsächliche Dekarbonisierung und die Menge der verfügbaren Emissionszertifikate im Gleichgewicht sind – also die mit einem Umstieg verbundenen Vorteile eine ausreichende Breitenwirkung entfalten.
Dabei ist zu beachten, dass eine Modellierung immer das Gesamtvolumen der Maßnahmen für Verkehr und Gebäude in ganz Europa abbilden muss. Typische Maßnahmen werden jedoch durch landesspezifische, regionale oder sogar lokale Ausprägungen beeinflusst. Fortschritte in allen Ländern wird unter anderem durch die zusätzliche Lastenteilung(sverordnung) erreicht (Effort-Sharing).
Vergleich von Heizsystemen mit dem der CO2-Grenzpreis
Abseits der „großen“ und zum Teil politischen Fragestellungen rund um die CO2-Bepreisung soll hier nur ein für die Wärmewende relevantes Detail betrachtet werden. Eigentlich handelt es sich um einen Grenzfall: Bei welchem CO2-Preis sind die CO2-Kosten einer mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizung genauso hoch wie die Stromkosten nach dem Umstieg auf eine Wärmepumpen-Heizung?
Als Funktion lässt sich der CO2-Grenzpreis GPCO2 (netto) einfach in Abhängigkeit des WP-Strompreises kWP, des Jahresnutzungsgrads der Brennstoff-Heizung JNG, der (System-)Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe JAZ und dem spezifischen Emissionsfaktor des Brennstoffs eGas, eÖl und eLPG ermitteln. Bei einer Biomasse-Heizung würde man die JAZ durch den JNG des Holz- oder Holzpellet-Heizkessel und den WP-Strompreis durch den Biomasse-Brennstoffpreis ersetzen.
GPCO2 = kWP × JNG / (1,19 × JAZ × e)
„Amtliche“ Emissionsfaktoren für die CO2-Bepreisung ab 2023
Anwendung
Für einen WP-Strompreis von 23,50 Ct/kWh (Modul 2, Neuverträge in Deutschland Mitte August 2025, keine Boni) liegt der GPCO2 bei einer JAZ für Luft/Wasser-Wärmepumpen von 3,4 und einem Jahresnutzungsgrad von 0,83 für zur Erneuerung anstehende Heizkessel bei
● 266 Euro/t (netto) für Erdgas (100 % fossil),
● 225 Euro/t (netto) für Flüssiggas LPG (100 % fossil) und
● 193 Euro/t (netto) für Heizöl (100 %) fossil.
Mit den getroffenen Annahmen liegt GPCO2 für die drei relevanten Brennstoffe in dem oben angesprochenen Korridor. Bei einem Preisanstieg um jährlich 15 Euro/t würde dieser Mitte der 2030er-Jahre erreicht.

JV
Berechnungsbeispiel
Benötigt ein Einfamilienhaus eine Nutzwärmebereitstellung von 18.600 kWh/a, ergibt sich mit einem JNG von 0,83 ein Gasverbrauch von 22.410 kWh/a (Brennwert). Bei der Verbrennung werden dann 4,06 t/a CO2 freigesetzt. Bei einem CO2-Preis von 266 Euro/t (netto) entstehen CO2-Kosten von rund 1285 Euro/a (brutto).
Bei einer JAZ von 3,4 benötigt die Wärmepumpe ohne Eigenstromnutzung 5470 kWh/a, woraus mit einem WP-Strompreis von 23,50 Ct/kWh Heizenergiekosten von ebenfalls rund 1285 Euro/a resultieren.
Der Energiekostenunterschied ergibt sich dann aus dem Gaspreis ohne CO2-Kosten von zurzeit etwa 8,11 Ct/kWh zu 1818 Euro/a. Nimmt man fiktiv als minimal möglichen Gaspreis ohne CO2-Kosten das Gaspreisniveau von 6,0 Ct/kWh im Jahr 2020 an, ergibt sich ein Energiekostenvorteil von 1345 Euro/a für den Umstieg auf eine Wärmepumpe.
Für eine Holzpellet-Heizung mit einem guten Jahresnutzungsrad liegt der CO2-Grenzpreis etwa auf dem Niveau einer Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl von 3,4.
Auch wenn die Strompreissenkung von der Bundesregierung weitgehend abgesagt worden ist: Würde man den WP-Strompreis auf um 5,0 Ct/kWh auf dann 18,50 Ct/kWh senken, ergibt sich mit sonst unveränderten Parametern ein GPCO2 von
● 209 Euro/t (netto) für Erdgas, 100 % fossil
● 177 Euro/t (netto) für Flüssiggas LPG, 100 % fossil und
● 152 Euro/t (netto) für Heizöl, 100 % fossil.
Nahezu die gleichen Werte ergeben sich, wenn statt der Strompreissenkung eine höhere (System)Jahresarbeitszahl von 4,3 zum Beispiel für Sole/Wasser-Wärmepumpen angenommen wird.
Ausblick und Bewertung
Wenn mit einem Zertifikatpreise von 300 bzw. 200 Euro/t die CO2-Kosten für eine Gas- oder Öl-Heizung die gleiche Größenordnung wie die gesamte Stromrechnung einer Wärmepumpen-Heizung erreicht, wird die Nachfrage nach Alternativen vorhersehbar schon davor erheblich steigen und eine Herausforderung für die Einbaukapazität darstellen. Die Heizungswende könnte dann einen zusätzlichen Schub durch steigende Gas-Netzentgelte bekommen.
Wichtig: Der projektspezifische CO2-Grenzpreis ist ein Vielfaches des WP-Strompreises. Steigt oder sinkt der WP-Strompreis, ändert sich auch der Zertifikatpreis, bei dem Parität der CO2-Kosten für eine Gas- oder Öl-Heizung und die Stromkosten für eine Wärmepumpen-Heizung vorliegt. ■
Quelle: eigene Berechnungen / jv
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