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Heizungswende

Verbilligter Strom statt Hei­zungs­förderung? Das geht nicht auf

In die De­batte um eine Be­schleu­ni­gung des Wärme­pum­pen­hoch­laufs wird oft „Ver­billig­ter Strom statt Hei­zungs­för­de­rung“ ein­ge­bracht. Ein Fakten­check.

Der Umstieg von Öl- und Gas-Heizungen zu Wärmepumpen wird durch hohe Kosten für den Systemwechsel gehemmt: Der sich beim aktuellen Energiepreisgefüge ergebenden Vorteil bei den Heizenergiekosten reicht nicht generell aus, für typische Situationen die höheren Einbaukosten zeitnah zu kompensieren. Und wie sich das Energiepreisgefüge in den nächsten Jahren genau entwickelt, ist für Hauseigentümer unklar.

Es wird zwar insbesondere vor hohen CO2-Kosten für fossile Brennstoffe gewarnt, werden jedoch bisher kaum in Entscheidungen eingepreist: Schon für moderate CO2-Preispfaden würde sich abzeichnen, dass die Erneuerung einer Öl- oder Gas-Heizung bei einem Jahresverbrauch oberhalb von etwa 15.000 kWh/a dann in den nächsten 15 Jahren höhere Gesamtkosten als der Umstieg auf eine Wärmepumpe (mit Inanspruchnahme der BEG-EM-Zuschüsse) aufweist (siehe: Wärmepumpe: Wie hoch der Förderbedarf für den Umstieg ist).

Einen Ausgleich bietet die Heizungsförderung für Wärmepumpen (sowie Holz- und Holzpellet-Heizungen). Für ein selbstgenutztes Einfamilienhaus liegt sie bei sehr günstigen Einbaukosten von 24.000 Euro mit 30 % Grundförderung bei 7200 Euro, typischerweise mit 55 % bei 16.500 Euro und kann beim maximalen Fördersatz von 70 % (geringes Haushaltseinkommen) bis zu 21.000 Euro betragen. Die Heizungsförderung (ähnliche Programme gibt es seit 25 Jahren) wird oft kritisiert und eine Neuausrichtung oder Abschaffung mit günstigeren Strompreisen (ohne Vorschläge für Holz-Heizungen) in den Ring geworfen.

Nomogramm: Welches (zusätzliche) Investitionsbudget ergibt sich bei einem „Strompreisrabatt“, wenn dieser zur vollständigen Tilgung eines Annuitätendarlehens innerhalb von 15 Jahren verwendet wird.

JV

Nomogramm: Welches (zusätzliche) Investitionsbudget ergibt sich bei einem „Strompreisrabatt“, wenn dieser zur vollständigen Tilgung eines Annuitätendarlehens innerhalb von 15 Jahren verwendet wird.

Nimmt man als Musterfall (im Nomogramm in Rot eingetragen) einen Gasverbrauch von 21.000 kWh/a und einen Jahresnutzungsgrad von 0,9 der Gas-Heizung sowie eine Jahresarbeitszahl (JAZ) einer Wärmepumpen-Anlage von 3,3 an, ergibt sich ein Strombedarf von rund 5720 kWh/a. Bei einem Strompreisrabatt von 2,32 Ct/kWh (das entspricht der Minimierung der Stromsteuer) ergibt sich ein Stromkostenvorteil von 133 Euro/a. In 15 Jahren würde sich der Vorteil auf 1995 Euro summieren. Das liegt weit unter den aktuellen Förderzuschüssen. Um in 15 Jahren auf 7200 Euro zu kommen, müsste der „Strompreisrabatt“ rund 8,39 Ct/kWh betragen, für 21.000 Euro wären es 24,5 Ct/kWh.

Trägt man mit 133 Euro/a ein Annuitätendarlehen mit monatlich gleichen Raten über 15 Jahre bei einem effektiven Jahreszins von 6 % ab, ergibt sich eine Kreditsumme von rund 1320 Euro. Der Musterfall zeigt, dass nur ein außerordentlich hoher „Strompreisrabatt“ die aktuelle Heizungsförderung vollkommen ersetzen könnte (sofern keine zusätzlichen Sekundäreffekte auftreten).

Neben dem im Nomogramm in Rot eingetragenen Musterfall ist ein Bereich für Einfamilienhäuser mit typischer Varianz der Parameter hellrot hinterlegt. Im „günstigsten“ Fall – eine JAZ von nur 3,0 bei einer hohen Wärmebereitstellung von 23.750 kWh/a und einem „Strompreisrabatt“ von 5 Ct/kWh (ursprünglich als Sofortmaßnahme im Koalitionsvertrag angekündigt) – stehen bei einem Kreditzins von 0 % und 15 Jahren Rückzahlung 5940 Euro zur Verfügung.

Bewertungen

Die Beispiele machen ausdrücklich keine Aussage zur Wirtschaftlichkeit des Umstiegs, denn dann wirkt die gesamte Differenz von WP-Strompreis zum Gas- oder Heizölpreis. Es wird ausschließlich aufgezeigt, dass der zurzeit diskutierte Umfang einer Strompreisverbilligung von bis zu 5 Ct/kWh kein gleichwertiger Ersatz zur derzeitigen Heizungsförderung ist. Die Diskrepanz erhöht sich bei hohen Jahresarbeitszahlen und höherem Dämmstandard des Gebäudes. Gleichwohl sind verbindlich dauerhaft günstige Strompreise ein unverzichtbares Signal für die Heizungswende.

Nicht geklärt werden kann hier aufgrund der Komplexität, ob und in welchem Umfang sich die angebotenen Einbaukosten für Wärmepumpen-Anlagen verändern würden, wenn die Heizungsförderung für Wärmepumpen tatsächlich durch eine Strompreisverbilligung ersetzt würde. Dies ist schon deshalb nicht möglich, weil die Heizungsförderung mehrere Bedingungen an Beratung, Planung, Kältemittel, Geräuschemissionen, Steuerbarkeit, Mindesteffizienz, Kundenschutz und den Einsatz erneuerbarer Energien stellt und auch Bürokratiekosten verursacht.

Der Abstand zwischen dem langfristigen Betriebskostenvorteil eines realistischen „Strompreisrabatts“ und den aktuellen Zuschüssen bei der Heizungsförderung spricht aber nicht dafür, dass ein Umsteuern den Wärmepumpenhochlauf ohne zusätzliche Maßnahmen beschleunigen könnte. Rechnerisch würde sich der Nutzwärmebedarf erhöhen, ab dem ein Umstieg auf eine Wärmepumpe einen Kostenvorteil erzielt. Besonders kritisch wäre für viele Hauseigentümer der höhere Finanzierungsbedarf und für einkommensschwache Haushalte der Verlust der um bis zu 9000 Euro (typisch 4500 Euro) höheren Zuschüsse, denn „Verbilligter Strom statt Heizungsförderung“ würde nicht mehr nach dem Einkommen differenzieren. ■
Quelle: BEG EM; eigene Berechnungen / jv

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